Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
1. Grundsätze
Rz. 274
Die spanische Erbschaft- und Schenkungsteuer ist eine direkte Personalsteuer. Sie belastet eine Einnahme, nämlich den unentgeltlichen Vermögenszuwachs einer natürlichen Person. Sie knüpft zur Bestimmung der Steuerbelastung an persönliche Verhältnisse des Erben bzw. Beschenkten an:
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Verwandtschaft; |
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Alter; |
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Vorvermögen des Erben; |
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Berücksichtigung einer eventuellen Behinderung des Erben bzw. des Beschenkten. |
Rz. 275
Des Weiteren sind folgende grundlegenden Aspekte des spanischen Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts zu nennen:
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Maßgeblicher Bezugspunkt ("Anknüpfung") ist der gewöhnliche Aufenthalt des Erwerbers (Erbe, Vermächtnisnehmer, Beschenkter, Begünstigter) zwecks Bestimmung der beschränkten und unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht. |
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Unentgeltliche Zuwendungen aus Lebensversicherungsverträgen bilden einen steuerpflichtigen Vorgang. |
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Nur natürliche Personen unterliegen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. |
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Im Falle unentgeltlicher Zuwendungen zugunsten juristischer Personen unterliegen diese der Körperschaftsteuer. |
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Der Verkehrswert (valor de mercado) ist der Bewertungsmaßstab des angefallenen Vermögens. Soweit ein steuerlicher Referenzwert nach Maßgabe der Vorschriften des Katasterwesens existiert, ist grundsätzlich auf diesen abzustellen. |
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Das Erbschaft- und Schenkungsteueraufkommen fließt den Autonomías (spanische "Bundesländer") zu. |
Rz. 276
Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz gilt nach seinem Art. 2 ("Räumlicher Anwendungsbereich") in ganz Spanien, unbeschadet der in den autonomen Regionen geltenden besonderen Steuersysteme (z.B. Baskenland und Navarra). Unter das spanische Erbschaftsteuergesetz fällt jeder unentgeltliche Erwerb von Todes wegen oder zwischen Lebenden sowie Auszahlungen von Lebensversicherungen an Dritte, die nicht Vertragspartner des Lebensversicherungsvertrages sind.
Rz. 277
Die spanische Erbschaftsteuer knüpft die unbeschränkte Steuerpflicht ausschließlich an die Ansässigkeit des Erwerbers an.
Beispiel:
Bei einem in Spanien verstorbenen deutschen Staatsangehörigen, der in Spanien unbeschränkt steuerpflichtig war, der sein in Deutschland belegenes Haus an einen nur in Deutschland Ansässigen vererbt, fällt in Spanien keine Erbschaftsteuer an (wichtig wegen der hohen deutschen Freibeträge).
2. Hinzurechnungstatbestände
Rz. 278
Der spanische Gesetzgeber hat in Art. 11 spanErbStG im Rahmen widerlegbarer Vermutungen Vermögensgegenstände der Erbmasse im Wege der Fiktion zugerechnet (bienes adicionales), die während eines Zeitraums vor dem Ableben des Erblassers sein Eigentum bildeten, zum Zeitpunkt seines Todes aber nicht mehr zu seinem Vermögen gehörten. Es handelt sich um hinzuzurechnende Vermögensgegenstände. Im Wege der Beweislastumkehr wird dem Erben auferlegt, den Beweis anzutreten, dass die jetzt in seinem Vermögen und Eigentum befindlichen Gegenstände entgeltlich vom Erblasser erworben wurden. Die Hinzurechnungstatbestände sind folgende:
Rz. 279
Ein Jahr: Es wird gem. Art. 11 Ziff. 1a spanErbStG vermutet, dass die nicht mehr vorhandenen Gegenstände zum Nachlass gehören (Hinzurechnungstatbestand), z.B.:
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Banksalden; |
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bewegliche Gegenstände (Picassobild)/unbewegliche Gegenstände (Villa auf Mallorca); |
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Forderungen des Erblassers (z.B. Hypothekenlöschung auf Appartement der Lieblingstochter bis zu einem Jahr), aber: keine Mehrfachbesteuerung. Das bedeutet: Anrechnung etwa der spanischen Grunderwerbsteuer auf die Erbschaftsteuer (Art. 11 Ziff. 3 spanErbStG). |
Rz. 280
Drei Jahre: Nießbrauchserwerb (Art. 11 Ziff. 1b spanErbStG) durch den Erblasser und der sog. nuda propiedad (bloßes Eigentum) durch den Erben oder Vermächtnisnehmer, der gleichzeitig mit dem Erblasser verwandt ist und der entgeltliche Erwerb nicht mehr als drei Jahre vor dem Tod stattfand. Um die Hinzurechnung zur Bemessungsgrundlage abzuwenden, muss der Erbe nachweisen, dass er die nuda propiedad aus eigenen Mitteln erworben hat. Anderenfalls unterliegt sein Erwerb des bloßen Eigentums der spanischen Erbschaftsteuer.
Rz. 281
Vier Jahre: Beim bloßen Eigentum (Art. 11 Ziff. 1c spanErbStG) werden keine verwandtschaftlichen oder persönlichen Beziehungen vorausgesetzt. Wird zugunsten des Erblassers ein Nießbrauch oder ein sonstiges Nutzungsrecht bei Übertragung von Gegenständen an Dritte eingeräumt, so wird vermutet, dass dieses unentgeltlich eingeräumt wurde. Gegenbeweispflichtig ist der Erbe.
Rz. 282
Werden im Nachlass Wertpapiere (z.B. Namensaktien) vorgefunden, die zugunsten des Erben indossiert sind, ohne dass die Übertragung in dem entsprechenden Register vermerkt wäre, gilt gleichfalls der Hinzurechnungstatbestand. In diesem Falle sind nicht einmal verwandtschaftliche Beziehungen erforderlich.
3. Selbstveranlagung und Veranlagung von Amts wegen
Rz. 283
Als weiteren Grundsatz kennt das spanische Steuerrecht das Prinzip der Selbstveranlagung (