Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
1. Die internationale Zuständigkeit spanischer Gerichte
Rz. 237
Grundsätzlich verdrängen allerdings die vorrangig anzuwendenden Regelungen der EuErbVO zur internationalen Zuständigkeit die Regelungen des spanischen Verfahrensrechts (Art. 22. quáter g) LOPJ).
Rz. 238
Zu einer konkurrierenden internationalen Zuständigkeit kann es nach der Rechtsprechung des EuGH selbst in den nach den mitgliedstaatlichen Vorschriften zu führenden Erbscheinsverfahren nicht kommen, da ein nationales Erbzeugnis nur durch die Gerichte des Staates erteilt werden kann, die auch nach der EuErbVO zuständig sind.
Rz. 239
Über die örtliche Zuständigkeit in Erbsachen befindet Art. 52.1.4 LEC 2000 in der Weise, dass das Gericht des letzten Wohnsitzes zuständig ist und bei letztem Wohnsitz im Ausland das Gericht des letzten Wohnsitzes in Spanien oder das für den größten Teil des Nachlassvermögens zuständige Gericht, und zwar nach Wahl des Klägers.
Rz. 240
Zum Verfahren sei auf Folgendes hingewiesen: Außer der Sterbeurkunde ist eine Bescheinigung des Zentralen Nachlassregisters in Madrid vorzulegen, aus der sich ergibt, ob und gegebenenfalls welche letztwilligen Verfügungen in notarieller Form des Erblassers vorhanden sind. Weiter beizubringen sind Geburtsurkunden der Antragsteller; sodann eine Heiratsurkunde des Erblassers, um gesetzliche Erben feststellen zu können. Schließlich ist der Nachweis über die gesetzliche Erbfolge – bei Anwendbarkeit deutschen Erbrechts (Erbstatut) – durch Vorlage eines Rechtsgutachtens zweier deutscher praktizierender Anwälte oder Notare zu führen.
2. Die Anwendung ausländischen Rechts
Rz. 241
Es gilt der Grundsatz iura novit curia auch im spanischen Recht, aber erstreckt sich nicht auf ausländisches Recht. Ausländisches Recht wird im Prozess vor spanischen Gerichten wie eine Tatsache behandelt. Dies galt schon nach der wiederholt bestätigten Rechtsprechung des spanischen Obersten Gerichtshofes (Tribunal Supremo) so, hat seit 1974 auch Gesetzeskraft erhalten – zunächst mit der Reform des spanischen IPR in Form des Art. 12.6 Abs. 2 CC und nunmehr mit Inkrafttreten der neuen spanischen Zivilprozessordnung (LEC 2000) in dessen Art. 281.2. Darin ist zunächst bestimmt, dass Beweisgegenstand das ausländische Recht sei. Wer sich auf ausländisches Recht beruft, hat seinen Inhalt und seine Geltung mit den im spanischen Recht zugelassenen Beweismitteln nachzuweisen.
Rz. 242
Hinsichtlich der Möglichkeiten des Beweises von Inhalt und Gültigkeit ausländischen Rechts zeigt sich die spanische ZPO insoweit "großzügig", als grundsätzlich alle erforderlichen Erkenntnismittel, die für die Anwendbarkeit notwendig sind, zugelassen werden (Art. 281.2 S. 3 LEC 2000). Nach der Rechtsprechung des Tribunal Supremo soll das fremde Recht von den Parteien mittels eines sog. certificado de ley (Gutachten zum ausländischen Recht) in den Prozess eingebracht werden. Dabei haben zwei in dem Land, dessen Recht in das Verfahren eingebracht wird, zugelassene Rechtsanwälte die aufgeworfene Frage nach ihrem, dem anwendbaren Recht, darzustellen. Deren Unterschriften müssen dann von einer spanischen Urkundsperson, etwa dem spanischen Generalkonsul, oder von einem ausländischen Notar beglaubigt und mit der Apostille versehen werden (vgl. Art. 323.2 Nr. 2 LEC 2000). Darauf kann dieses Zertifikat – das certificado de ley – zum Beweis des ausländischen Rechts in den Prozess eingeführt werden. Der Richter kann sich aber auch aller von ihm für erforderlich gehaltenen Erkenntnismittel bedienen und hierzu die zweckdienlichen Verfügungen erlassen (Art. 281.2 S. 3 LEC 2000). Die Gerichte vertreten inzwischen insoweit die Auffassung, dass die Gerichte auch selbst eine aktive Rolle bei der Ermittlung des Inhalts der fremden Rechtsordnung übernehmen können.
Rz. 243
Anders als für den deutschen Richter, dem nach § 293 ZPO die Pflicht zur Ermittlung des anwendbaren ausländischen Rechts ("iura novit curia") obliegt, besteht für den spanischen Richter keine solche Pflicht; das Gesetz hat sein Tätigwerden in Art. 281.2 S. 3 LEC 2000 (wie inhaltsgleich zuvor in Art. 12.6 Abs. 2 CC) lediglich als "Kann-Vorschrift" ausgestaltet.
Rz. 244
Gelingt der Beweis nicht, hat der spanische Richter gem. Art. 33 Abs. 3 Ley 29/2015 ausnahmsweise das eigene, spanische Recht anzuwenden (str.). ...