Alexander Steinmetz, Rocío García Alcázar
[Ohne Titel]
[1] Zum Erbrecht in Katalonien und zum Erbrecht der Balearischen Inseln siehe die jeweiligen Länderberichte in diesem Buch.
A. Vorbemerkung
Rz. 1
Die nachfolgende Abhandlung hat – dem Konzept des Gesamtwerkes folgend – die Darstellung der spanischen Erbrechtssituation zum Gegenstand. Die spanische Rechtslage wird zunehmend für Nachlässe nach deutschen Staatsangehörigen relevant, soweit für Erbfälle, die ab dem 17.8.2015 eingetreten sind, in Ermangelung einer Rechtswahl gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts ("Domizilprinzip") des Erblassers Anwendung findet.
Rz. 2
Soweit sich die Ausführungen auf "spanisches Recht" beziehen, ist klarstellend vorauszuschicken, dass Spanien insbesondere in erbrechtlicher Hinsicht ein Mehrrechtsstaat ist. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich grundsätzlich auf die Darstellung der Rechtslage nach gemeinspanischem Recht, welches in den Vorschriften des Código Civil geregelt ist. Zur erbrechtlichen Lage nach dem Recht der Balearen wird auf den Länderbericht "Spanien: Balearen" verwiesen.
Rz. 3
Das interregionale Kollisionsrecht Spaniens beinhaltet die Regelungen, mit deren Hilfe die für die Regelung eines Nachlasses einschlägige spanische Teilrechtsordnung aufzufinden ist. Da die EuErbVO bei Mehrrechtsstaaten gem. Art. 36 Abs. 1 EuErbVO grundsätzlich vorrangig auf die Regelung des innerstaatlichen Normenkonflikts durch das Recht des betroffenen Staates abstellt, wird auch das interregionale Kollisionsrecht Spaniens in die Darstellung einbezogen.
Rz. 4
Auch wenn Gegenstand der Abhandlung das spanische Erbrecht ist, wird bei problematischen Einzelfällen, wie etwa dem gemeinschaftlichen Testament oder dem Erbvertrag, auf das deutsche Recht eingegangen.
Rz. 5
Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Löber/Huzel in ihrer 2015 erschienenen 5. Auflage von "Erben und Vererben in Spanien" speziell auf die Rechtslage bei Geltung deutschen Rechts für spanisches Nachlassvermögen eingehen. Nicht nur für Erbfälle nach deutschen Staatsangehörigen, die bis zum 16.8.2015 eingetreten sind, ist dies von Interesse. Auch unter Geltung der EuErbVO kommt spanisches Recht nur dann auf einen deutschen Staatsangehörigen zur Anwendung, wenn dieser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien hatte und keine Rechtswahl getroffen wurde. Ansonsten unterliegen unverändert in Spanien belegene Vermögenswerte deutscher Erblasser dem deutschen Erbstatut, wenn der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, oder eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechts getroffen hatte. Hierbei sind die Autoren naturgemäß im Rahmen der erbrechtlichen Gestaltung und Umsetzung letztwilliger Verfügungen wie auch von Erbscheinen auf die spanische Situation und die anwendbaren Rechtsinstitute ausführlich eingegangen. Wenn also das spanische Erbstatut überhaupt nicht zur Debatte steht, sondern deutsches Erbrecht anwendbar ist, empfiehlt sich auch die Lektüre der Abhandlung "Erben und Vererben in Spanien, 5. Auflage".
B. Internationales Privatrecht
I. Spanisches Erbkollisionsrecht und EuErbVO
Rz. 6
Die Darstellung des spanischen internationalen Erbkollisionsrechts wurde auch durch das Inkrafttreten der EuErbVO nicht obsolet. Zwar verdrängt die EuErbVO in ihrem Anwendungsbereich das nationale IPR der Mitgliedstaaten, so dass die Bestimmung der Rechtsordnung, die das Erbstatut ausfüllen soll, nicht mehr Art. 9.8 CC, sondern den Kollisionsvorschriften der EuErbVO zu entnehmen ist (vgl. Rdn 63 ff.). Das nationale spanische Erbkollisionsrecht behält seine Relevanz vor allem in folgenden Konstellationen: (a) "Altfälle": Einerseits finden auf Erbfälle, die bis zum 16.8.2015 eingetreten sind, nach Art. 83 Abs. 1 EuErbVO weiterhin die jeweiligen nationalen Vorschriften des deutschen und des spanischen IPR Anwendung, selbst wenn sie erst nach diesem Datum abgewickelt werden. (b) Inlandssachverhalte: Andererseits gelten für die Lösung des internen spanischen Normenkonflikts zum Zwecke der Bestimmung der maßgeblichen Teilrechtsordnung innerhalb Spaniens die Vorschriften des spanischen internationalen Erbkollisionsrechts entsprechend mit der Maßgabe, dass die Staatsangehörigkeit des Erblassers gem. Art. 14.1, 16.1 CC durch die sog. vecindad civil, die bürgerlich-rechtliche Gebietszugehörigkeit, ersetzt wird (vgl. Rdn 62). Dies leuchtet zunächst für rein spanische Erbfälle, die keinen Auslandsbezug aufweisen, die somit außerhalb des Anwendungsbereichs der EuErbVO liegen, ein. (c) Erbfälle unter Geltung der EuErbVO nach spanischen Staatsangehörigen, wenn spanisches Erbrecht ...