Rz. 154
Wird ein Noterbe vollständig übergangen,[186] so ergeben sich dessen Rechte aus Art. 814 CC. In diesem Fall wahrt der Noterbe seine Rechte durch Erhebung einer Herabsetzungsklage,[187] die von dem übergangenen Noterben gegen die übrigen, nicht übergangenen Noterben wie auch die sonstigen Nachlassbeteiligten zu erheben ist, die durch die Herabsetzungsklage betroffen sind. Zweifelhaft ist, welche Rechtslage bei vollständiger Übergehung in den Erbschein aufzunehmen ist.[188]
Rz. 155
Noterben, die weniger als den ihnen zustehenden Noterbteil erhalten, können Ergänzung ihres Noterbteils verlangen (Art. 815 CC). Die entsprechende letztwillige Verfügung, die den Noterbteil schmälert, wird auf Antrag des betroffenen Noterben soweit gekürzt, bis der Noterbteil erfüllt werden kann (Art. 817 CC). In diesem Umfang, um den das Noterbrecht geschmälert wird, ist die Verfügung unwirksam. Der beeinträchtigte Noterbe kann sein Herabsetzungsverlangen notfalls auch klageweise geltend machen.
Rz. 156
Bei Übergehung des überlebenden, weder gerichtlich noch faktisch getrennten Ehegatten gilt Folgendes: Da ihm das Gesetz als Noterbrecht nur einen Nießbrauch an einem Teil des Nachlasses zubilligt (er also auch nicht echter Miterbe wird), beeinträchtigt die Übergehung die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung nicht. Der übergangene Ehegatte hat nur die Möglichkeit, die Einräumung des ihm zustehenden Nießbrauchs zu verlangen (Art. 807 Nr. 3 i.V.m. Art. 834–839 CC). Ob der Nießbrauch dann in Höhe des in Betracht kommenden Anteils am ganzen Nachlass, damit auch zulasten etwaiger Noterben, oder aber nur an jenem Teil, der keinem Noterbrecht unterliegt (dem frei verfügbaren Vermögensanteil, siehe Rdn 153) entsteht, beantwortet sich nach dem Gesetz nicht eindeutig. Aus dem Wesen des Noterbrechts des überlebenden Ehegatten sowie letztlich auch wegen des Umstands, dass der Noterbteil nicht beschwert werden darf (Art. 813 CC), ergibt sich im Ergebnis zutreffend, dass beim Zusammentreffen von Noterben und Abkömmlingen als Erben der Nießbrauch des überlebenden Ehegatten ausschließlich zu Lasten des Mejora-Anteils geht (Art. 834 CC).[189]
Rz. 157
Schenkungen der Aszendenten (Eltern, Großeltern) an ihre Kinder werden im Falle des Versterbens des Kindes vor den Eltern nach Art. 812 CC ipso iure unwirksam, wenn das Kind selbst keine Nachkommen hat. Das Vorversterben des beschenkten Kindes wirkt in Ansehung der Schenkung wie das Eintreten einer auflösenden Bedingung.[190] Sind Kinder vorhanden, sind diese erbunwürdig oder schlagen die Erbschaft aus, so greift die angeordnete Sonderrechtsnachfolge nicht ein.[191]
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