Rz. 26

Das gemeinspanische Recht verbietet – wie andere romanische Rechte auch – das gemeinschaftliche Testament: Nach Art. 669 CC ist es spanischen Staatsangehörigen untersagt, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten. Um ein gemeinschaftliches Testament im Sinne dieser Vorschrift handelt es sich bei einer sog. unidad instrumental, d.h. die gemeinschaftliche Abfassung in einer Urkunde.[32] Dieses Verbot gilt für Spanier, die der Geltung des Código Civil unterliegen, absolut; es bezieht sich ausdrücklich auch auf im Ausland von Spaniern errichtete gemeinschaftliche Testamente (Art. 733 CC). Lediglich in einigen Foralrechten ist die Zulässigkeit von gemeinschaftlichen Testamenten vorgesehen, nämlich in Aragón,[33] in Navarra[34] sowie in Galicien. Deutsche Staatsangehörige können ihren Nachlass jedoch auch aus spanischer Sicht wirksam in der Form des gemeinschaftlichen Testaments regeln.[35]

 

Rz. 27

Die Ungültigkeit des gemeinschaftlichen Testaments nach gemeinspanischem Recht wird von Rechtsprechung und Literatur damit begründet, dass sich das Verbot nach Art. 669, 733 CC auf den Inhalt bzw. die innere Gültigkeit des Testaments erstrecke.[36] Die Verbotsnorm[37] sei eine Sachvorschrift und keine Formvorschrift.[38] Dies wird aus Art. 733 CC gefolgert, wodurch – wie bereits erwähnt (Rdn 26) – gerade das von Spaniern im Ausland errichtete gemeinschaftliche Testament ausdrücklich für ungültig erklärt wird.[39] Mittels der Qualifizierung des Verbots als sachbezogen wird die Testierfreiheit geschützt, vor allem die freie Widerruflichkeit der Testamente.[40] Eine eindeutige Positionierung der Rechtsprechung hierzu steht aus, denn hier wird betont, dass das gemeinschaftliche Testament nicht durch den (möglicherweise gegenseitigen) Inhalt, sondern durch die Errichtung (undidad instrumental) innerhalb einer Urkunde charakterisiert ist.[41] Das Verbot wird von der spanischen "Kollisionsrechts"-Lehre (IPR-Lehre) allerdings differenziert betrachtet:[42] Da das Haager Testamentsformabkommen nach seinem Art. 4 auch auf die Form gemeinschaftlicher Testamente anzuwenden sei, sei das Verbot gemeinschaftlicher Testamente als Formfrage zu qualifizieren und daher Art. 733 CC außer Kraft getreten.[43] In den zivilrechtlichen Kommentaren wird teilweise unverändert vertreten, dass die Frage der Zulässigkeit des gemeinschaftlichen Testierens dem Erbstatut – und nicht dem Formstatut – unterstellt ist.[44]

[32] Tribunal Supremo, Urt. v. 13.2.1984, No. 75/1984.
[33] Vgl. Art. 409–411 der Compilación de Aragón – zulässig nur für aragonesische Eheleute (Text bei Hierneis, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Spanien – Texte B I 2, S. 19 f.).
[34] Vgl. Leyes 199–205 der Compilación de Navarra; keine Beschränkung nur auf Eheleute noch auf nur zwei Testierende (Text bei Hierneis, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Spanien – Texte B VI 2), dazu etwa Jayme, Informaciones 1990, 47.
[35] Urteil des spanischen Obersten Gerichtshofs v. 8.10.2010, 313/2010; Urteilsbesprechung bei Steinmetz/B. Löber/García, ZEV 2011, 454 ff.
[36] TS seit Urt. v. 29.1.1960 (bei Aranzadi, 1960 Nr. 894 – zur Bedeutung wiederholter Rechtsprechung des TS: Huzel, ZfRV 1990, 256); für die Lehre: Ortiz de la Torre, in: Albaladejo, IX 2, S. 342 f.; Calvo Caravaca, in: González Campos, S. 252.
[37] Juanes Peces, Código Civil, Art. 14.2 unter Verweis auf STS v. 28.9.1998 (EDJ 19857).
[38] Hierneis, in: Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Spanien, Rn 41 und 250.
[39] So bereits Brunner, S. 67; ebenso Rau, INF 1987, 12 f.; nach IPG 1997 Nr. 39b (Hamburg) S. 529 geht nach Ratifikation des Haager Testamentsformübereinkommens die mittlerweile überwiegende Auffassung in Spanien von einer Qualifikation als Formvoraussetzung aus (dort mit ausführlichen Nachweisen in Fn 29 und 30).
[40] Steinmetz/B. Löber/García, ZEV 2011, 454 m.w.N.
[41] SAP San Sebastián v. 10.6.2011, rec. 3186/2011: "caracterizado por su unidad instrumental, no por su contenido"; ebenso STS v. 13.2.1984 (RJ 198448) und SAP Navarra v. 18.6.2009, rec. 236/2007 und STSJ Galicia v. 6.10.2005 (RJ 2005Ǭ3).
[42] Vgl. IPG 1997 Nr. 39b (Hamburg), S. 515 (529).
[43] Etwa Carrascosa González, in: Pasquau Liaño, Jurisprudencia Civil Comentada, Art. 733 CC; Marín López u.a., Derecho internacional privado – II, S. 252.
[44] Martínez Espín, in: Rodrigo Bercovitz Rodriguez-Cano, Comentarios al Codigo Civil, Art. 733 Ziff. 3; vgl. zur entsprechenden Situation im italienischen Recht: OLG Hamm, Beschl. v. 22.7.2014 – I-15 W 138/14 und OLG Koblenz, Urt. v. 21.2.2013 – 2 U 917/12, ZEV 2013, 557 f.

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