Rz. 34

Jedenfalls für Erbfälle, die ab dem 17.8.2015 eingetreten sind, finden auf die "Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen eines Erbvertrages" die Regelungen des Art. 25 EuErbVO Anwendung.[52] Die Wirksamkeit eines Erbvertrages, der den Nachlass nur einer einzigen Person betrifft, wird hiernach dann zu bejahen sein, wenn nach Maßgabe von Art. 25 Abs. 1, Art. 21, 22 EuErbVO auf einen Erbfall der betreffenden Person zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Erbvertrages entweder deutsches oder das Erbrecht einer solchen spanischen Teilrechtsordnung anwendbar wäre, nach welcher der Abschluss eines Erbvertrages zulässig ist.

 

Rz. 35

Regelt der Erbvertrag dagegen den Nachlass mehrerer Beteiligter, so ist er nur zulässig, wenn er nach sämtlichen zum Zeitpunkt seiner Errichtung nach Maßgabe der EuErbVO anwendbaren Erbrechten zulässig wäre (Art. 25 Abs. 2 EuErbVO). Ein mehrseitiger Erbvertrag, der zwischen Personen geschlossen wird, auf deren Nachlass nach Maßgabe ihres gewöhnlichen Aufenthalts oder aufgrund ihrer Rechtswahl zum Zeitpunkt des Abschlusses deutsches Anwendung fände, wäre sonach zulässig. Gerade für spanische Staatsangehörige kann die Vorschrift nunmehr u.U. die Möglichkeit zum Abschluss eines Erbvertrages eröffnen. Schließen also beispielsweise spanische Eheleute mit bürgerlich-rechtlicher Gebietszugehörigkeit zu einer spanischen Region, die erbrechtlich dem Código Civil unterliegt, einen Erbvertrag, ist dies dann zulässig, wenn sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Erbvertrages ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und der erste Erbfall nicht vor dem 17.8.2015 eingetreten ist (Art. 83 Abs. 1, 2 EuErbVO). Kehren die Eheleute nach Beendigung ihrer Berufstätigkeit wieder nach Spanien zurück, wo sie unter Beibehaltung der vecindad civil bis zu ihrem Tode ab 17.8.2015 ihren "dritten Lebensabschnitt" (Ruhestand) verbringen, findet auf den Nachlass zwar gemeinspanisches Recht Anwendung. Die Zulässigkeit des Erbvertrages ist indes nach Art. 25 Abs. 2 EuErbVO zu bejahen; streng zu trennen ist hiervon aber die Frage, ob die darin ggf. nach deutschem Vorbild angeordnete Vollerbschaft zugunsten des überlebenden Ehegatten und die Schlusserbschaft nach dessen Tod zugunsten der Kinder durchsetzbar sind. Die gesetzlichen Noterbrechte der Kinder, die sich nach dem gemeinspanisch ausgefüllten Erbstatut bestimmen, können nicht durch den Erbvertrag übergangen werden. Der überlebende Ehegatte kann durch den Erstverstorbenen neben dessen Kindern nach gemeinspanischem Recht sonach höchstens zu ⅓ in Bezug auf das "tercio de libre disposición" (d.h. den frei verfügbaren Erbteil) und einen Nießbrauch am sog. "tercio de mejora" eingesetzt werden. Im Ergebnis können sich spanische Staatsangehörige während ihres gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland jedenfalls seit dem 17.8.2015 in erbvertraglicher Form binden. Erst recht gilt dies für deutsch-spanische Eheleute. Sie müssen sich aber bewusst sein, dass die "inhaltliche Umsetzbarkeit" der in ihren Verfügungen getroffenen Anordnungen letztlich ihre Grenzen in dem Recht des Staates (bspw. im Noterbrecht) findet, der das Erbstatut ausfüllt.

 

Rz. 36

Machen die Parteien unter den in Art. 25 Abs. 3 EuErbVO (Wahl des Erbvertragsstatuts) bestimmten Bedingungen von der Möglichkeit Gebrauch, für die "Zulässigkeit, die materielle Wirksamkeit und die Bindungswirkungen ihres Erbvertrages" das nach Art. 22 EuErbVO durch einen von ihnen wählbare Recht zu wählen, kommt der "deutsche Erbvertrag" sogar bei gewöhnlichem Aufenthalt aller Parteien in Spanien in Betracht, soweit nur einer von ihnen, dessen Nachlass ebenfalls durch den Erbvertrag betroffen ist, die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. So können beispielsweise die Eheleute einer deutsch-spanischen Ehe, die in Spanien ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ihre beiderseitigen letztwilligen Verfügungen in der Form des Erbvertrages niederlegen, wenn sie diesen durch Rechtswahl i.S.v. Art. 25 Abs. 3 EuErbVO dem deutschen Recht unterstellen.[53] Auch diese Gestaltungsoption steht unter dem Vorbehalt, dass der erste Erbfall nicht vor dem 17.8.2015 eingetreten ist. Inhaltlich orientiert sich der Gestaltungsspielraum freilich wiederum letztlich am Erbstatut, welches nach Art. 22 EuErbVO nur individuell zugunsten des Rechts der Staatsangehörigkeit des jeweiligen Erblassers einer Rechtswahl zugänglich ist.

 

Rz. 37

Ob die vorstehenden Ausführungen entsprechend auch für gemeinschaftliche Testamente gelten, ist davon abhängig, ob "gemeinschaftliche Testamente" unter den Begriff des Erbvertrages i.S.d. Art. 25 EuErbVO zu subsumieren sind.[54]

[52] Für Erbfälle, die vor diesem Zeitpunkt eingetreten sind, findet weiterhin das alte IPR Anwendung, vgl. DGRN v. 13.8.2014, BOE v. 6.10.2014, Nr. 10140 – auch eine Rechtswahl geht insoweit ins Leere.
[53] Steinmetz/J. Löber/García, ZEV 2013, 535, 539.
[54] Müller-Lukoschek, Die neue EU-Erbrechtsverordnung, Rn 182 ff.; Bauer, in: Dutta/Weber, Art. 25 EuErbVO Rn 3 ff.

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