Rz. 97
Unerlässliche Voraussetzung für die Einleitung des Scheidungs- (wie auch des Trennungs-)Verfahrens ist die Vorlage des sog. Regelungsabkommens i.S.d. Art. 90 CC (im Sinne einer Prozessvoraussetzung; siehe Rdn 74), dessen gesetzlicher Mindestinhalt gerade die hier angesprochenen Aspekte abdecken muss – nämlich Beteiligung an den ehelichen Lasten und Unterhalt einschließlich der Grundlagen späterer Anpassung, Abwicklung des Güterstands, Zuweisung bzw. Überlassung von Familienwohnung und Hausrat sowie Angabe der Rente, die ggf. von einem der Ehegatten gem. Art. 97 CC zu zahlen ist (siehe im Einzelnen Rdn 87 f.). Ohne Vorschlag zur Regelung dieser (Trennungs- und) Scheidungsfolgen kommt es nach spanischem Recht also nicht zur Scheidung. Mangels Vorlage eines Regelungsabkommens durch die Eheleute trifft der Richter die entsprechende Entscheidung (siehe i.Ü. Rdn 66 und 70). Insbesondere fordert das spanische Recht also nicht unbedingt jeweils eigene Anträge zu den verschiedenen Aspekten der Scheidungs- (und Trennungs-)Folgen. Da die Scheidungsfolgen einschließlich der die Kinder betreffenden Fragen (u.a. Bestimmung der Person, bei der das Kind verbleibt, Ausübung der elterlichen Gewalt, Besuchs- und Umgangsrecht des anderen Elternteils) – wie gezeigt – Teil des eigentlichen (Trennungs- oder) Scheidungsverfahrens selbst sind, kann hier auf die obigen Ausführungen verwiesen werden (siehe Rdn 87 ff.). Insbesondere gelten nicht etwa eigene Zuständigkeitsregeln.
Rz. 98
Zugleich ist damit auch klargestellt, dass den Parteien die Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen für die Scheidung eingeräumt ist – in Form des Regelungsabkommens nach Art. 90 CC (siehe Rdn 66), welches gemeinsam mit dem (einvernehmlichen) Antrag auf Trennung oder Scheidung bei Gericht einzureichen ist (siehe Rdn 74). Dabei können über den gesetzlichen Mindestinhalt des Art. 90 CC hinaus weitere Vereinbarungen getroffen werden. Die freie Gestaltungsmöglichkeit der Eheleute – unabhängig vom bevorstehenden Scheidungs- oder Trennungsverfahren – ist dagegen nur theoretischer Natur. Eheverträge auf andere Regelungsinhalte als das Ehegüterrecht auszudehnen, etwa Fragen des Unterhalts zu einem späteren Zeitpunkt oder der elterlichen Sorge bezüglich der minderjährigen Kinder oder über eine Art Versorgungsausgleich, ist nach spanischem Verständnis nicht "opportun": Der Versuch einer Verrechtlichung der persönlichen Verhältnisse unter Ehegatten sei zum Scheitern verurteilt, da es das im spanischen Recht vorherrschende Konzept sei, dass der wesentliche Inhalt des Eheverhältnisses nicht erzwingbar sei und dass die Bestrebung dessen zwangsweiser Durchsetzung zu seinem Untergang führe. Die ehelichen Pflichten könnten nur freiwillig erfüllt werden und ihre Verletzung könne aus juristischer Sicht nur zur Einreichung einer Klage auf Trennung oder Scheidung führen. Entsprechendes gelte für die Ausübung der elterlichen Pflichten: Deren Einhaltung erfolge nicht so sehr aufgrund ihres verpflichtenden Charakters, vielmehr aufgrund ihrer freiwilligen Befolgung – deren Verletzung werde üblicherweise nur im Zusammenhang mit einem Scheitern der Ehe sichtbar.
Rz. 99
Im Hinblick auf steuerliche Auswirkungen der Trennung oder Scheidung sei erwähnt, dass die Parteien nach entsprechendem stattgebendem Urteil getrennt veranlagt werden, wenn sie nach Eheschließung für Zusammenveranlagung optiert haben. Ausgleichs- oder Abfindungszahlungen können für den damit Belasteten in Abzug gebracht werden; umgekehrt stellen die Zahlungen für den Empfänger zu versteuerndes Einkommen dar (Art. 16 Abs. 2 LIRPF). Finanzielle Zuwendungen Dritter zu den familiären Lasten führen beim Zahlenden zu keinem Abzug und stellen für den Empfänger ein außergewöhnliches, damit steuerlich nicht zu berücksichtigendes Einkommen dar. Nur aufgrund gerichtlicher Entscheidungen zu leistende Beiträge berühren jeweils die Steuerpflicht, d.h., Ausgleichszahlungen der Ehegatten und Unterhaltszahlungen sind steuerfrei, wenn sie aufgrund eines Gerichtsurteils geleistet werden (Art. 7 LIRPF).