Rz. 68
Bei den die Scheidung betreffenden Verfahrensvorschriften ist im Grunde durchweg von "(Procedimiento de) Separación o Divorcio" die Rede, so dass die nachfolgende Darstellung auch für das Trennungsverfahren gilt, soweit keine Besonderheiten benannt sind. Vorab sei auch hier schon die eklatante Verfahrensvereinfachung durch das Scheidungsreformgesetz Nr. 15/2005 hervorgehoben, so dass schnell der Begriff von der "Scheidung im Eilverfahren" (auch "Express-Scheidung") geprägt war: (einvernehmliche) Scheidung nach nur drei Monaten Ehezeit, ohne dass es auf Scheidungsgründe überhaupt ankommt (weder im Sinne einer Schuldfrage noch sonstige). Mit Einführung der sog. Privatscheidung 2015 ist eine weitere Vereinfachung, die zugleich zu einer Entlastung der Gerichte führt, auf den Weg gebracht worden.
1. Zuständigkeiten
Rz. 69
Nach Art. 769 LEC 2000 ist für Verfahren in Ehesachen (Procesos matrimoniales) die sachliche und örtliche Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts (Juzgado de Primera Instancia) am ehelichen Wohnsitz begründet, meist in Form des Familiengerichts (Juzgado de Familia). Sind die Eheleute in verschiedenen Gerichtsbezirken wohnhaft, ist – je nach Wahl der den Antrag stellenden oder klagenden Partei oder der Ehegatten bei einvernehmlichem Antrag auf Scheidung oder Trennung – das Gericht am letzten ehelichen Wohnsitz oder am Wohnsitz des Beklagten zuständig (Art. 769 Abs. 1 S. 2 LEC 2000). Besteht kein fester Wohnsitz, so kann die Klage nach Wahl des Klägers am gegenwärtigen Aufenthaltsort oder am Ort des letzten Wohnsitzes des Beklagten eingereicht werden, und falls sich auch so eine Zuständigkeit nicht begründen lässt, ist das Gericht am Wohnsitz des Klägers zuständig (Art. 769 Abs. 1 S. 3 LEC 2000). Für Verfahren der einvernehmlichen Trennung oder Scheidung gem. Art. 777 LEC 2000 ist das Gericht am letzten gemeinsamen Wohnsitz oder am Wohnsitz eines der Antragsteller zuständig (Art. 769 Abs. 2 LEC 2000). Die Zuständigkeit ist von Amts wegen zu prüfen, wie Abs. 4 der Norm klarstellt. Die Bestimmung enthält eine abschließende Regelung der Zuständigkeit; dem Art. 769 CC widersprechende Parteiabsprachen sind nach dessen Abs. 4 S. 2 nichtig.
2. Anwaltszwang – Abogado und Procurador
Rz. 70
Allgemein besteht auch in Spanien in familienrechtlichen Angelegenheiten Anwaltszwang, wenn die Parteiinteressen nicht bereits von der Staatsanwaltschaft als notwendige Verfahrensbeteiligte wahrgenommen werden (Art. 749 LEC 2000). Dabei besteht in Spanien die Besonderheit, dass sich die Parteien sowohl durch einen Abogado als auch durch einen Procurador (de los Tribunales) vertreten lassen müssen (Art. 750 LEC 2000). Zunächst wird der Abogado (der spanische Rechtsanwalt) für die Parteien tätig; er ist in einem gerichtlichen Verfahren grundsätzlich zuständig für die Ausarbeitung der Antrags- und Klageschriften sowie der (weiteren) Schriftsätze. Diese sind dann vom eigentlichen Prozessbevollmächtigten, dem Procurador – einem typischen Phänomen des spanischen Zivilprozessrechts, der die Parteien in der Gerichtsverhandlung vertritt –, bei Gericht einzureichen. Der Procurador wird auch beschrieben als eine Art Verbindungsmann zwischen dem Abogado, der Prozesspartei und dem Gericht. Die Funktionen von Abogado und Procurador sind, wie es auch in England zwei Arten von Prozessvertretern gibt, grundsätzlich verschiedene. Kurz: Der Procurador vertritt die Partei im Prozess (ohne jedoch plädieren zu dürfen), der Abogado ist für die Verteidigung (Interessenswahrung) seines Mandanten zuständig. Beide haben gemeinsam Postulationsfähigkeit, beide machen eigenständige Rechtsberufe und Organe der Rechtspflege aus, wie sie im spanischen "Gerichtsverfassungsgesetz" vorgesehen sind, eine Personenidentität ist daher ausgeschlossen. Demzufolge ist auch die Vertretung im Trennungs- oder Scheidungsverfahren durch nur einen der beiden Rechtsvertreter – etwa aus Kostengründen – grundsätzlich nicht zulässig. Lediglich im Fall einvernehmlicher Trennung und einvernehmlicher Scheidung ist die Vertretung durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt und Prozessbevollmächtigen ausdrücklich zugelassen (Art. 750 Abs. 2 S. 1 LEC 2000). Dieses gesetzgeberische Entgegenkommen erstreckt sich für die Parteien aber...