Fernando Lozano, Carlos Fernández
Rz. 283
Anfänglich gab es für die Arbeitnehmeraktiengesellschaften (S.A.L.) keinerlei gesetzliche Regelung. Die erste Gesetzesnorm, die speziell diese Art von Gesellschaften regelte, war das Gesetz 15/1986 vom 25. April über Arbeitnehmeraktiengesellschaften; sie erkannte lediglich die Rechtsfigur der Arbeitnehmeraktiengesellschaft an. Erst elf Jahre danach erfolgte mit dem Gesetz 4/1997 vom 24. März eine Aktualisierung dieser Gesellschaftsform. Die wichtigste Änderung bestand in der Aufnahme von Haftungstatbeständen in der Arbeitnehmergesellschaft. Das Gesetz 4/1997 wurde durch das Gesetz 44/2015 vom 14. Oktober ersetzt.
Rz. 284
Die Arbeitnehmergesellschaft kann sowohl im Rechtskleid der GmbH als Sociedad limitada laboral (S.L.L.) als auch als Arbeitnehmeraktiengesellschaft (Sociedad anónima laboral, S.A.L.) gegründet werden. Das Stammkapital der Arbeitnehmer-GmbH bzw. das Grundkapital der Arbeitnehmeraktiengesellschaft entspricht dem der S.L. bzw. der S.A. Es handelt sich hierbei um spezifische Unterarten der normalen GmbH bzw. der Aktiengesellschaft. Die Beteiligung an dieser Gesellschaft erfolgt durch Arbeitnehmeranteile am Stammkapital der Gesellschaft, zumeist durch Bareinzahlung oder durch Investition dessen, was die Arbeitnehmer an Arbeitslosenunterstützung erhalten würden. Es besteht insoweit die Möglichkeit, die Arbeitslosenunterstützung in kapitalisierter Form in das in der Regel Not leidende Unternehmen einzubringen.
Rz. 285
In der Regel handelt es sich bei den Arbeitnehmergesellschaften um so genannte Auffanggesellschaften, die es ermöglichen, in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene Gesellschaften mittels gesellschaftlicher Beteiligung der Arbeitnehmer als Miteigner wieder zu sanieren und mit neuer Motivation fortzuführen. Adomeit/Frühbeck weisen darauf hin, dass die Arbeitnehmer durch die Mitbestimmung in das Management einbezogen werden und aufgrund ihrer wachsenden Vermögensbeteiligung damit auch das Eigentumsrecht an den Produktionsmitteln mit erlangen. Sie sprechen insofern von einer "gemischt kapitalistisch/sozialistischen Gesellschaftsform". Zu Recht kommt deshalb Adomeit zu dem Ergebnis "gesellschaftsrechtlicher Elemente im Arbeitsverhältnis" spanischen Rechts.
Rz. 286
Bei einer Arbeitnehmergesellschaft muss die Gesamtarbeitnehmerbeteiligung mindestens die Hälfte des Stammkapitals ausmachen. Die Arbeitnehmer erbringen auch weiterhin (auf unbefristete Zeit) ihre Arbeitskraft und erhalten dafür das ihnen zustehende Gehalt. Im Rahmen dieser Gesellschaftsform wird es den Arbeitnehmern ermöglicht, die Kontrolle über die Gesellschaft zu übernehmen, der sie ihre Arbeitskraft widmen. Leitgedanke der Arbeitnehmergesellschaft spanischen Rechts ist die Motivation der Arbeitnehmer für "ihren Betrieb", der ihnen als Gesellschafter mitgehört. Keiner der Gesellschafter darf mehr als ein Drittel des Stammkapitals übernommen haben; die S.A.L. oder S.L.L. kann jedoch zunächst von zwei mitarbeitenden Gesellschaftern gegründet werden, die jeweils 50 % des Kapitals halten, sofern sie innerhalb von drei Jahren mindestens einen neuen Gesellschafter aufnehmen, um die Drittelgrenze einzuhalten. Eine gesetzliche Höchstzahl von Gesellschaftern ist nicht vorgesehen.
Rz. 287
Bei der Übertragung von Anteilen (außer an andere mitarbeitende Gesellschafter oder an festangestellte Mitarbeiter der Gesellschaft) ist das Vorkaufsrecht der übrigen Gesellschafter zu beachten. Vorrangig sind insoweit die festangestellten Mitarbeiter der Gesellschaft und dann die mitarbeitenden Gesellschafter (socios/accionistas trabajadores). Macht aus diesem Gesellschafterkreis niemand von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch, so geht dieses auf die nicht mitarbeitenden Gesellschafter (socios/accionistas no-trabajadores) und zuletzt an die Gesellschaft über. Erst nachdem die Anteile aller vorgenannten Gruppen erfolglos angeboten worden sind, dürfen sie an gesellschaftsfremde Personen veräußert und übertragen werden.