Fernando Lozano, Carlos Fernández
Rz. 357
Das Recht der internationalen Sitzverlegung ist durch das Gesetz 3/2009 über "strukturelle Veränderungen von Handelsgesellschaften" vom 3.4.2009 ("LME") in den Art. 92 ff. grundlegend überarbeitet worden.
1. Sitzverlegung nach Spanien (Zuzug)
Rz. 358
Verlegt eine ausländische Gesellschaft ihren satzungsgemäßen Sitz nach Spanien, so soll dies auf ihre Rechtspersönlichkeit grundsätzlich keine Auswirkungen haben. Sie kann bei Erfüllung der in Art. 94 LME genannten Voraussetzungen eine spanische Gesellschaft des entsprechenden Typs werden, wenn sie
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in einem anderen EU-Staat wirksam gegründet wurde (und sie durch Sitzverlegung ins Ausland nicht erlischt, Art. 94.2 LME); |
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die Voraussetzungen, die das spanische Recht an eine Gründung der Gesellschaft stellt, erfüllt. |
Rz. 359
Wenn eine Gesellschaft fremder Herkunft hingegen nicht ihren satzungsgemäßen, sondern nur ihren tatsächlichen Verwaltungssitz aus dem Ausland nach Spanien verlegt, verliert die Gesellschaft aus spanischer Sicht nicht automatisch ihre Rechtsfähigkeit. Vielmehr muss das spanische internationale Gesellschaftsrecht am Maßstab der lex societatis beurteilen, welche Konsequenzen und Voraussetzungen eine Verlegung des Sitzes nach dem Recht des Herkunftsstaates hat. Dabei soll nach Art. 94.1 LME die Sitzverlegung nach Spanien die Aufrechterhaltung der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft nicht beeinträchtigen. Hindernisse ergeben sich ggf. nach dem Recht des Wegzugsstaates. So setzt die Möglichkeit, den tatsächlichen Verwaltungssitz unter Wahrung der Rechtspersönlichkeit nach Spanien zu verlegen, stets voraus, dass das Recht des "Wegzugsstaates" mit der Verlegung nicht notwendig die Auflösung oder den Verlust der Rechtspersönlichkeit verbindet. Im deutschen Recht führte der Wegzug einer GmbH nach altem Recht zu ihrer Auflösung. Auch das am 1.11.2008 in Kraft getretene MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) enthält keine ausdrückliche Regelung zu der Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Gesellschaft ihren Sitz ins Ausland verlegen darf. Grundsätzlich ist die Verlegung des Satzungssitzes ausgeschlossen, wobei der Verwaltungssitz einer Gesellschaft ins Ausland verlegt werden kann. Nach der Cartesio-Entscheidung des EuGH darf der Gründungsstaat eine Gesellschaft nicht an der Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes hindern, wenn der Zuzugstaat einen grenzüberschreitenden Rechtsformwechsel zulässt. Da Art. 94 LME dieses Recht vorsieht, dürfte das deutsche Recht in der Konsequenz einer deutschen GmbH die Möglichkeit einer satzungsmäßigen Sitzverlegung nach Spanien unter Umwandlung in eine S.L. keine grundsätzlichen Hindernisse in den Weg stellen.
2. Sitzverlegung einer spanischen S.L. in das Ausland (Wegzug)
Rz. 360
Nach Art. 93 ist eine Sitzverlegung einer in Insolvenz geratenen und oder sich in Liquidation befindlichen Gesellschaft ausgeschlossen.
Rz. 361
Mit dem Gesetz 3/2009 (LME) machte der Gesetzgeber deutlich, dass die Sitzverlegung ins Ausland grundsätzlich möglich ist und dass die Aufrechterhaltung der Rechtspersönlichkeit nur davon abhängt, dass dies nach dem Recht des Staates, in den der Sitz verlegt werden soll, zulässig ist (Art. 93 LME). Die Voraussetzungen für eine Aufrechterhaltung der Rechtspersönlichkeit der spanischen S.L. sind nach den obigen Ausführungen demnach aber jedenfalls bei einer Sitzverlegung innerhalb der EU aus Sicht des Zuzugstaates mit Rücksicht auf Art. 54 AEUV grundsätzlich gegeben. Der spanische Gesetzgeber hat mit Blick auf die grundsätzliche Zulässigkeit der Sitzverlegung in einen anderen Staat in den Art. 95 ff. LME ein konkretes Verfahren ausgestaltet, welches die spanische Gesellschaft in Spanien vor ihrer Sitzverlegung ins Ausland durchlaufen muss. Das Verfahren endet gem. Art. 103 LME mit der Löschung der Gesellschaft im spanischen Handelsregister.