Fernando Lozano, Carlos Fernández
I. Rechtsgrundlagen
Rz. 296
Die Regelungen zum spanischen Insolvenzrecht finden sich im Texto Refundido de la Ley Concursal (TRLC), der ab dem 1.9.2020 die Ley Concursal (LC) von 2003 ersetzt hat. Die LC trat am 1.9.2004 in Kraft. Es hatte die vor dem Inkrafttreten der LC geltenden unübersichtlichen Regelungen des früheren spanischen Insolvenzrechts abgelöst.
Rz. 297
Die LC war in den letzten Jahren wiederholt überarbeitet worden, wobei die folgenden Gesetzesreformen hervorzuheben sind:
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Gesetz 14/2013 ("Unternehmergesetz"), vom 27. September (BOE 28.9.2014). Modifizierung der Regelung über die Refinanzierung und die Einführung der Figur des außergerichtlichen Ausgleichs. |
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Königliche Gesetzesverordnung 11/2014, vom 5. September (BOE 6.9.2014). Einführung von Reformen hinsichtlich der Regulierung des Vergleichs und der Insolvenzabwicklung mit dem Ziel, die Fortführung der unternehmerischen Aktivität zu vereinfachen. |
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Gesetz 17/2014, vom 30. September (BOE 1.10.2014). Überarbeitung der Artikel zum Vor-Insolvenzverfahren, zu den Beschlüssen der Refinanzierung und zu der Einstufung des Insolvenzverfahrens. |
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Gesetz 25/2015, vom 28. Juli (BOE 29.7.2015). Einführung der Restschuldbefreiung für Privatpersonen ("zweite Chance"), wodurch die in dem Insolvenzverfahren nicht beglichene Schuld unter bestimmten Umständen erlassen wird. Daneben reguliert es erneut die Bestimmungen zum außergerichtlichen Ausgleich. |
II. Insolvenzgrund und Insolvenzeröffnung
1. Insolvenzgrund
Rz. 298
Nach Art. 1 Abs. 1 TRLC ist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegenüber jedem Schuldner, "sei er eine natürliche oder juristische Person", zulässig. Insolvenzgrund ist gem. Art. 2 Abs. 1 TRLC die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Zahlungsunfähigkeit liegt nach Art. 2 Abs. 3 TRLC vor, wenn der Schuldner seine fälligen Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann. Neben der "gegenwärtigen Zahlungsfähigkeit" wird die Zahlungsunfähigkeit nach Art. 2 Abs. 3 TRLC um den Zustand der "drohenden Zahlungsunfähigkeit" für das Schuldnervermögen erweitert. Von drohender Zahlungsunfähigkeit wird ausgegangen, wenn die Unfähigkeit, die Verbindlichkeiten bei Fälligkeit ordnungsgemäß und pünktlich zu erfüllen, vorhersehbar ist (Art. 2 Abs. 3 S. 2 TRLC).
2. Notwendige und freiwillige Insolvenz; Antragsberechtigung
Rz. 299
Die Einleitung des Insolvenzverfahrens bedarf eines Antrags eines Antragsberechtigten. Das spanische Gesetz unterscheidet in Art. 29 Abs. 1 TRLC zwischen dem Insolvenzantrag des Schuldners (freiwillige Insolvenz, concurso voluntario) und dem eines sonstigen Antragsberechtigten (insbesondere des Gläubigers; sog. notwendige Insolvenz, concurso necesario). Bei gegenwärtiger Zahlungsfähigkeit (also nicht bei "drohender Zahlungsunfähigkeit") ist der Schuldner verpflichtet (Art. 5 Abs. 1 TRLC), den Insolvenzantrag innerhalb von zwei Monaten seit Kenntnis bzw. möglicher Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit zu stellen. Die Kenntnis des Schuldners wird bei Vorliegen eines der Antragsgründe der notwendigen Insolvenz gem. Art. 5 Abs. 2, Art. 2 Abs. 4 TRLC widerlegbar vermutet.
Rz. 300
Der Schuldner kann das zuständige Gericht darüber informieren, dass er Verhandlungen aufgenommen hat, um eine Refinanzierungsvereinbarung zu treffen oder einen Vorabvorschlag für ein Abkommen zu erreichen (Vor-Insolvenzverfahren). Die Bekanntgabe dieser Information unterbricht die Vollstreckung in Güter oder Rechte, welche für die Fortführung der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit des Schuldners erforderlich sind (Art. 588 Abs. 2 TRLC). Diese Situation darf maximal vier Monate (drei Monate, wenn der Schuldner eine natürliche Person ist, die keine Geschäftstätigkeit durchführt) bestehen. Nach deren Ablauf muss der Schuldner Insolvenz anmelden (Art. 595 TRLC).
Rz. 301
Antragsbefugt ist bei der freiwilligen Insolvenz ausschließlich der Schuldner. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 TRLC sieht vor, dass bei juristischen Personen das Verwaltungsorgan (d.h. grundsätzlich der oder die Geschäftsführer, Art. 210 LSC) oder das Liquidationsorgan (vgl. Art. 379 LSC) berechtigt ist, den Insolvenzantrag zu stellen. Ist die Insolvenz nicht freiwillig, so handelt es sich um einen Fall der notwendigen Insolvenz. In der Regel – aber nicht ausschließlich – werden die Gläubiger Antragsteller der notwendigen Inso...