Fernando Lozano, Carlos Fernández
1. Rechtsgrundlage
Rz. 224
Spanien hat die Verschmelzungsrichtlinie 2005/56/EG mit dem Gesetz 3/2009 vom 3.4.2009 über strukturelle Veränderungen der Handelsgesellschaften (Ley sobre Modificaciones Estructurales de las Sociedades Mercantiles – LME) umgesetzt. Das Gesetz wurde im spanischen Staatsanzeiger (BOE) am 4.4.2009 veröffentlicht. Das LME findet auf alle Handelsgesellschaften Anwendung, wobei jedoch im innergemeinschaftlichen Rechtsverkehr lediglich die GmbH, Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien verschmelzungsfähig sind (Art. 54.2 LME). Das Gesetz selber geht inhaltlich weiter als die Verschmelzungsrichtlinie 2005/56/EG, wie die nachstehende Gliederung zeigt:
Formwechsel |
Art. 3–21 LME |
Verschmelzung |
Art. 22–53 LME |
Grenzüberschreitende innergemeinschaftliche Verschmelzung |
Art. 54–67 LME |
Spaltung |
Art. 68–80 LME |
Pauschale Übertragung der Aktiva und Passiva |
Art. 81–91 LME |
Internationale Verlegung des Gesellschaftssitzes |
Art. 92–103 LME |
Rz. 225
Das Gesetz regelt die strukturellen Änderungen von Handelsgesellschaften in Gestalt des Formwechsels (transformación), der Spaltung (escisión) oder der pauschalen Übertragung der Aktiva und Passiva (cesión global de activo y pasivo), und schließlich auch die internationale Sitzverlegung von Gesellschaften (traslado internacional del domicilio social).
2. Formwechsel (transformación), Art. 3–21 LME
Rz. 226
Innerspanisch können nicht nur Handelsgesellschaften Gegenstand eines Formwechsels sein, sondern auch beispielsweise die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (sociedad civil) oder Genossenschaften (cooperativas). Das Gesetz über strukturelle Veränderungen von Handelsgesellschaften hat im spanischen Gesellschaftsrecht zu einer umfänglichen Erweiterung der Umwandlungsmöglichkeiten geführt. Dies betrifft insbesondere die AG, die zuvor lediglich in eine Handelsgesellschaft umgewandelt werden konnte (vgl. Art. 87 LSL a.F.).
Rz. 227
Der Formwechsel bedarf eines Mehrheitsbeschlusses der Gesellschafterversammlung. Folgende Voraussetzungen sind hierfür erforderlich:
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ein Bericht der Geschäftsführung; |
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die Vorlage der Bilanz der Gesellschaft; |
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ein Gutachten eines Wirtschaftsprüfers (sofern die umgewandelten Gesellschaften verpflichtet sind, die Bilanz durch einen Wirtschaftsprüfer prüfen zu lassen); |
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ein Entwurf der zu beurkundenden Gesellschaftsurkunde (escritura social) bzw. der künftigen Satzung der Gesellschaft (Art. 9 LME). |
Rz. 228
Der Formwechsel befreit die Gesellschafter nicht hinsichtlich eingegangener Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft. Für jede Art von Formwechsel ist die vorherige vollständige Einzahlung des Gesellschaftskapitals erforderlich. Mit dem Formwechsel darf keine Änderung der Beteiligung des Gesellschafters an der Gesellschaft verbunden sein, außer mit der Zustimmung aller derjenigen Personen, die weiterhin der umgewandelten Gesellschaft angehören. Der Formwechsel muss im BORME wie auch in einer auflagenstarken Zeitung der Provinz des Gesellschaftssitzes veröffentlicht werden. Nicht erforderlich ist die Veröffentlichung, wenn sämtlichen Gesellschaftern das Projekt und der Beschluss des Formwechsels zugestellt worden ist.
Rz. 229
Das Gesetz gewährt den Gesellschaftern, die nicht für den Formwechsel gestimmt haben, ein Austrittsrecht. Wer als Gesellschafter in der bisherigen Gesellschaftsform Sonderrechte besitzt, deren Übernahme aufgrund der neuen Gesellschaftsform nicht möglich ist, hat gegen die Umwandlung ein Widerspruchsrecht. Der Formwechsel, und das ist eine gesetzliche Neuigkeit der LME, kann verbunden sein mit der Aufnahme neuer Gesellschafter. Auch können der Gesellschaftszweck, Sitz, Gesellschaftskapital und andere Punkte geändert werden, wenn die gewählte Gesellschaftsform entsprechende Voraussetzungen verlangt.
Rz. 230
Nach Erledigung aller Formalitäten wird die Gesellschaft in ihrer neuen Gesellschaftsform in das Handelsregister eingetragen. Dieser Eintragung kommt konstitutive Wirkung zu.
3. Verschmelzung (fusión), Art. 22–53 und Art. 54–67 LME
Rz. 231
Das Gesetz behandelt sowohl die innerstaatliche Verschmelzung von Gesellschaften wie auch die grenzüberschreitende innergemeinschaftliche Verschmelzung. Auch bei Beteiligung "außergemeinschaftlicher" Gesellschaften findet das Gesetz Anwendung (fusión transfronteriza extracomunitaria). Insoweit gelten die allgemeinen Bestimmungen für die grenzüberschreitende innergemeinschaftliche Verschmelzung und die Regelungen für die innerstaatliche Verschmelzung subsidiär.
Rz. 232
Eine Verschmelzung kann in der Weise erfolgen, dass zwei oder mehrere Gesellschaften eine neue Gesellschaft gründen (fusión propia por creación o constitución), oder als Ergebnis der Übernahme einer oder mehrerer Gesellschaften durch eine andere bereits bestehende Gesellschaft (fusión por absorción). In diesem Falle übernimmt die übernehmende Gesellschaft im Wege der Rechtsnachfolge das Vermögen der absorbierten Gesellschaft (Art. 23 LME). Hierbei werden die Beteiligungen der Gesellschafter der übernommenen Gesellschaften integriert, wobei die Gesellschafter Aktien, Anteile oder eine Quote in Bezug auf ihre jeweilige Beteiligu...