Die sog. Sprungklage (§ 45 FGO) bietet die Möglichkeit, ausnahmsweise auch ohne Durchführung des zeitintensiven Vorverfahrens (Einspruchsverfahren) unmittelbar Klage zu erheben. Im Unterschied zur Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO braucht im Fall der Sprungklage der außergerichtliche Rechtsbehelf (Einspruch) nicht eingelegt zu werden. Das Einspruchsverfahren wird zum einen durch die Zustimmung des Beklagten (Finanzamt) und zum anderen dadurch ersetzt, dass das FG die Sache nicht an die zuständige Behörde (Finanzamt) zur Durchführung des Einspruchsverfahrens abgibt.

Die Sprungklage kann sowohl als Anfechtungsklage als auch als Verpflichtungsklage erhoben werden. In beiden Fällen wird das Einspruchsverfahren übersprungen. Die Sprungklage ist wie jede andere Klage beim Finanzgericht zu erheben. Sie kann - wie in sonstigen Fällen auch - ebenso beim Finanzamt eingereicht ("angebracht") werden (§ 47 Abs. 1 FGO).

Die Sprungklage und damit der Verzicht auf das Einspruchsverfahren ist nur zu empfehlen,

  • wenn der Sachverhalt unstreitig ist bzw. die erheblichen tatsächlichen Feststellungen bereits getroffen sind und mit weiteren zu einer anderen Beurteilung führenden Tatsachen in einem Einspruchsverfahren nicht zu rechnen ist, und
  • wenn es ausschließlich um Rechtsfragen geht, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Finanzamt seinen Rechtsstandpunkt ändern wird, z.B. weil es an Verwaltungsanweisungen gebunden ist oder eine Entscheidung in einem Musterfall anstrebt.

Vor einer Sprungklage muss daher sorgfältig geprüft werden, ob nicht doch eine Chance besteht, dass das Finanzamt (oder die evtl. eingeschaltete OFD bzw. das Ministerium) seinen Rechtsstandpunkt im Einspruchsverfahren noch ändert. Erfahrungsgemäß sind die Behörden, solange die Sache noch nicht gerichtsanhängig ist, eher verhandlungsbereit.

Die Zulässigkeit der Sprungklage setzt voraus, dass das Finanzamt, das über den Einspruch zu entscheiden hätte, innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Klageschrift dem Finanzgericht gegenüber zustimmt. Verweigert das Finanzamt die Zustimmung oder gibt es überhaupt keine Erklärung ab oder geht die Zustimmungserklärung nicht innerhalb der Monatsfrist bei Gericht ein, wird die Sache an das Finanzamt zur Behandlung als Einspruch abgegeben. Auch wenn das Finanzamt die Zustimmung zur Sprungklage erteilt hat, kann das Finanzgericht gleichwohl die Klage innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Eingang der (vollständigen) Behördenakten bei Gericht bis spätestens sechs Monate nach der Zustellung der Klageschrift durch Beschluss an das Finanzamt zur Durchführung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens abgeben. Die Abgabe setzt voraus, dass

  • eine weitere Sachaufklärung notwendig ist, die erhebliche Ermittlungen erfordert, und
  • die Abgabe sachdienlich ist.

Auch in diesem Fall ist die Klage als Einspruch zu behandeln. Das Finanzamt hat sodann zunächst eine Einspruchsentscheidung zu erlassen. Dagegen kann wiederum fristgemäß Klage erhoben werden.

Auch nach der Einlegung des Einspruchs kann der Steuerpflichtige - sofern die Einspruchs- bzw. Klagefrist noch nicht abgelaufen ist - zur Sprungklage übergehen. Der Einspruch wandelt sich dann in eine Klage um. Umgekehrt schließt die Erhebung einer Sprungklage innerhalb der Rechtsbehelfsfrist den Übergang zum Einspruch nicht aus. Eine besondere "Umwandlungserklärung" ist dazu nicht erforderlich.

Einzelheiten s. im Themenlexikon unter Klage

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