Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob ein vereinfachtes Verfahren auch dann statthaft ist, wenn ein Vollstreckungstitel über den Kindesunterhalt bereits vorliegt.
Sachverhalt
Auf Antrag der Antragstellerin setzte das AG im vereinfachten Verfahren mit Beschluss vom 25.1.2010 den von dem Antragsgegner zu zahlenden Kindesunterhalt ab 1.1.2010 auf 120 % des Mindestunterhalts gemäß § 1612a Abs. 1 BGB der 3. Altersstufe auf einen monatlichen Zahlbetrag von 420,00 EUR fest. Der für den Zeitraum vom 1.7.2009 bis 31.12.2009 zu zahlende Rückstand wurde auf 2.226,00 EUR festgesetzt. Gleichzeitig wies das AG die von dem Antragsgegner erhobenen Einwände zurück, weil der Vergleich vom 30.11.2005 den Kindesunterhalt nur bis zum Auszug der Mutter der Antragstellerin aus der Wohnung des Antragsgegners im Jahre 2006 geregelt habe.
Die Beteiligten hatten den Kindesunterhalt bereits durch gerichtlichen Vergleich vom 30.11.2005 geregelt. Nach Nr. 3 dieser Vereinbarung sollte diese Vereinbarung Gültigkeit bis zum Auszug der Mutter der Antragstellerin aus der derzeit im Eigentum des Antragsgegners stehenden Wohnung gelten. Danach sollte eine Neuberechnung des Ehegattenunterhalts und des Kindesunterhalts erfolgen.
Der Antragsgegner verfolgte mit der Beschwerde seine Einwände weiter und vertrat die Auffassung, die Durchführung des vereinfachten Verfahrens sei unzulässig.
Sein Rechtsmittel erwies sich als begründet.
Entscheidung
Das OLG kam zu dem Ergebnis, das vereinfachte Verfahren sei nicht statthaft, weil vor dessen Einleitung bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel errichtet gewesen sei (§ 645 Abs. 2 ZPO). Mit Vergleich vom 30.11.2005 hätten die Beteiligten bereits vor Zustellung des Antrags auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren einen Vollstreckungstitel über den verfahrensgegenständlichen Kindesunterhalt geschaffen. Entgegen der Auffassung des AG komme es dabei nicht entscheidend darauf an, ob seit dem Auszug der Mutter der Antragstellerin ein vollstreckbarer Unterhaltstitel nicht mehr bestehe. Wesentlich sei nach dem Wortlaut des Gesetzes allein, dass in der Vergangenheit ein vollstreckbarer Titel errichtet worden sei. § 645 Abs. 2 ZPO bezwecke, eine Doppeltitulierung zu verhindern (Johannsen/Henrich/Maier, Familienrecht, 5. Aufl., § 249 Rz. 12 zum neuen Recht) und diene allein der Erstfestsetzung des Unterhalts (OLG Naumburg FamRZ 2002, 1045; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 645 Rz. 3).
Das schematische vereinfachte Verfahren sei nicht für die Prüfung geeignet, ob sich die für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse geändert hätten oder aus dem Vergleich vom 30.11.2005 weiter vollstreckt werden könne. Diese Frage der aktuellen Vollstreckbarkeit des Vergleichs könne nicht im formalisierten vereinfachten Verfahren geklärt werden, sondern ggf. durch einen Vollstreckungsgegenantrag.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 17.05.2010, 4 WF 416/10