Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Ein Bau ist dann stecken geblieben, wenn dieser nach der Insolvenz des Bauträgers nur von den Erwerbern selbst fertiggestellt werden kann und Ansprüche gegenüber Dritten ausscheiden.
Bei der Beurteilung, ob es sich um einen stecken gebliebenen Bau handelt, ist also stets zu prüfen, ob nicht möglicherweise ein Anspruch gegenüber einem Dritten auf mangelfreie Herstellung besteht. So handelt es sich z. B. nicht um einen stecken gebliebenen Bau, wenn der Bauträger die ihm gegenüber den Subunternehmern zustehenden Mängelansprüche an die Erwerber abgetreten hat und sich diese gegenüber den Subunternehmern schadlos halten können.
Für die Beurteilung, ob es sich um einen stecken gebliebenen Bau handelt, ist das Baustadium irrelevant.
Nach der h. M. in Rechtsprechung (OLG Frankfurt, Beschluss v. 15.11.1993, 20 W 208/92, WuM 1994 S. 36; OLG Hamburg, Urteil v. 17.4.1990, 2 Wx 32/90, WE 1990 S. 204; OLG Hamm, Urteil v. 16.3.1984, 15 W 266/83, NJW 1984 S. 2708; OLG Köln, Urteil v. 10.8.1989, 16 Wx 113/88, WE 1990 S. 26) und Literatur (Hügel/Elzer, WEG, 3. Auflage, § 22 Rn. 16 m. w. N.) ergibt sich eine Fertigstellungsverpflichtung der Erwerber aus der analogen Anwendung von § 22 WEG. Bei analoger Anwendung von § 22 WEG besteht jedoch nur dann eine wechselseitige Fertigstellungspflicht der Erwerber, wenn der Bau bereits zu mehr als der Hälfte erstellt ist.
1 Rechte der Erwerber gegen den Bauträger oder Insolvenzverwalter
1.1 Bauträgerinsolvenz ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Wird der Bauträger insolvent, ohne dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, kann gemäß § 14 InsO jeder Erwerber einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Dabei muss die Zahlungsunfähigkeit bzw. die drohende Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung glaubhaft gemacht werden.
1.2 Bauträgerinsolvenz mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Sofern das Insolvenzverfahren eröffnet wird, geht mit der Eröffnung des Verfahrens das Verwaltungsrecht auf den Insolvenzverwalter über.
Bei den Rechten der Erwerber gegenüber dem Insolvenzverwalter ist zu berücksichtigen, dass es sich beim Bauträgervertrag um einen gemischten Vertrag handelt, der u. a. Elemente des Kaufvertrags und des Werkvertrags enthält. Das kaufvertragliche Element besteht in der Übertragung des Eigentums, das werkvertragliche Element in der Herstellung des vertraglich vereinbarten Werks.
Auflassungsvormerkung
Die Erfüllung des kaufvertraglichen Teils kann der Insolvenzverwalter dann nicht ablehnen, d. h. er ist zur Eigentumsübertragung verpflichtet, wenn vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Erwerbers gemäß § 883 BGB eingetragen ist. Insoweit hat der Insolvenzverwalter kein Wahlrecht.
Beim werkvertraglichen Element kommt es hingegen nach § 103 InsO darauf an, ob zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Erwerber den Vertrag durch Zahlung der vereinbarten Vergütung bereits vollständig erfüllt hat. Wenn dies so ist, bleibt diesem Erwerber lediglich die Möglichkeit, den im Vergleich zum erreichten Bautenstand zuviel bezahlten Betrag als Schadensersatzforderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Eine Verpflichtung des Insolvenzverwalters zur Fertigstellung besteht nicht. Ist hingegen die vertraglich vereinbarte Vergütung noch nicht vollständig bezahlt, hat der Insolvenzverwalter gemäß § 103 Abs. 1 InsO ein Wahlrecht dahingehend, dass er entweder die Erfüllung des Vertrags ablehnt oder die Erfüllung des Vertrags erklärt. Es besteht also nur dann ein Anspruch gegenüber dem Insolvenzverwalter auf Fertigstellung, wenn zum einen der Erwerber die vertraglich vereinbarte Vergütung noch nicht vollständig bezahlt hat und zum anderen der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags wählt.
2 Die Fertigstellung durch die Erwerber bzw. Fertigstellungspflicht der Erwerber
2.1 Bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft
Besteht bereits eine Wohnungseigentümergemeinschaft, ergibt sich im Innenverhältnis dieser Gemeinschaft der Anspruch auf Fertigstellung des stecken gebliebenen Baus durch die Erwerber unmittelbar aus dem WEG. Gemäß § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bereits mit dem Anlegen der Grundbücher. Erwerber gelten nach § 8 Abs. 3 WEG gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erst als Eigentümer, wenn zu ihren Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist und ihnen der Besitz an den Räumen des Sondereigentums übergeben worden ist. Vor diesem Zeitpunkt bestehen noch keine Rechtsbeziehungen der Erwerber zur Gemeinschaft.
Fertigstellungspflicht, wenn der Bau zu mehr als der Hälfte erstellt ist
Nach der h. M. in der Rechtsprechung und Literatur ergibt sich eine Fertigstellungsverpflichtung der Erwerber aus der analogen Anwendung von § 22 WEG. Bei analoger Anwendung von § 22 WEG besteht jedoch nur dann eine wechselseitige Fertigstellungspflicht der Erwerber, wenn der Bau bereits zu mehr als der Hälfte erstellt ist.
Ist der Bau erst zu weniger als der Hälfte seines Werts fertiggestellt, ist diese Situation in rechtlicher Hinsicht mit dem Fehlen einer Wiederaufbaupflicht gemäß § 22 WEG zu vergleichen. Jeder Wohnungseigentümer kann in diesem Fall gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 WEG die Aufhebung ...