Sachverhalt
Bei dem Verfahren ging es um die Frage, ob die bezahlte Bereitschaft, als Nachmieter in einen bestehenden Mietvertrag einzutreten, unter den Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken i.S.d. Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie fällt und damit umsatzsteuerfrei ist. Der EuGH war aufgerufen, die Tragweite seiner Entscheidung v. 15.12.1993, C-63/92 (Lubbock Fine) zu klären. Nach diesem Urteil fällt die Leistung eines Mieters, der gegen Entgelt auf seine Rechte aus einem Grundstücksmietvertrag verzichtet, ebenfalls unter den Begriff Grundstücksvermietung. War die Vermietungsleistung selbst steuerfrei, so ist nach dem EuGH-Urteil auch der Rechtsverzicht steuerfrei.
Entscheidung
Der EuGH hat entschieden, dass sein früheres Urteil auf den streitigen Fall der Übernahme eines Mietvertrags gegen Entgelt nicht anzuwenden ist. Nach dem Urteil ist diese Leistung nicht nach Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie umsatzsteuerfrei. Demgemäß dürfte es sich um eine - steuerpflichtige - Leistung eigener Art handeln.
Nach dem Urteil unterscheidet sich der Sachverhalt in der Rechtssache C-63/92 grundlegend von dem hier entschiedenen Sachverhalt. Damit gibt der EuGH zu erkennen, dass sein Urteil in der Rechtssache C-63/92 im Hinblick auf den Begriff der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken eng auszulegen ist. Bei der Rechtssache C-63/92 handelte es sich um einen einheitlichen Vorgang, bestehend aus Mietverhältnis und dessen Auflösung durch einen "actus contrarius". Auslöser der damaligen Entscheidung war ganz offensichtlich der Gedanke der Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer bzw. der kohärenten Anwendung der 6. EG-Richtlinie bezüglich der Steuerpflicht und der komplementären Steuerbefreiung. Für eine vergleichbare Entscheidung bestand im vorliegenden Fall kein Raum. Vielmehr ist nach dem jetzigen Urteil auf das objektive Wesen des betreffenden Umsatzes abzustellen. Ein Unternehmer, der ein bestimmtes wirtschaftliches Ziel sowohl mit steuerbefreiten als auch mit steuerpflichtigen Umsätzen erreichen kann, muss seine Entscheidung im eigenen Interesse regelmäßig unter Berücksichtigung des objektiven Mehrwertsteuersystems treffen. Der Grundsatz der Steuerneutralität bedeutet nicht, dass ein Unternehmer, der die Wahl zwischen zwei Umsätzen hat, sich für den einen entscheiden und die Wirkungen des anderen geltend machen könnte. Folglich kann die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-Richtlinie dann nicht angewendet werden, wenn es nicht um die Übertragung des Rechts auf Gebrauch eines Grundstücks geht. Die vergütete Bereitschaft einer Person, als Nachmieter in Rechte und Pflichten aus einem bestehenden Mietvertrag einzutreten, stellt im Ergebnis einen wirtschaftlichen Vorgang dar, der in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der vom Vermieter erbrachten Vermietungsleistung steht und deshalb auch umsatzsteuerrechtlich unabhängig von diesem zu beurteilen ist.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 09.10.2001, C-108/99
(Cantor Fitzgerald International)