FinMin Hamburg, Erlaß v. 16.12.2019, S 3812 – 2019/002 – 53
Erbschaft- und Schenkungsteuer;
Vollständige Steuerbefreiung für den Erwerb von Kulturgütern nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b ErbStG – Urteil des BFH vom 12. Mai 2016, II R 56/14
Der Erwerb von Kulturgütern i. S. v. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a ErbStG bleibt nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b ErbStG vollständig steuerfrei, wenn der Steuerpflichtige bereit ist, die Gegenstände den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen (§13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ErbStG) und diese sich mindestens seit zwanzig Jahren im Familienbesitz befinden oder in ein Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach § 7 Abs. 1 des Kulturgutschutzgesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl I S. 1914) in der jeweils geltenden Fassung eingetragen sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb ErbStG).
Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a ErbStG sind vorab und gesondert zu prüfen.
Die Bereitschaft, die Kulturgüter der Denkmalspflege zu unterstellen, kann bereits beim Erblasser oder Schenker Vorgelegen haben. Es ist ausreichend, wenn sie erst vom Steuerpflichtigen erfüllt wird. Die Steuerbefreiung knüpft an den Erwerb an, die Voraussetzungen sind deshalb in jedem Fall vom Steuerpflichtigen zu erfüllen.
Die Denkmaleigenschaft kommt Gegenständen auch ohne einen hoheitlichen Akt (z. B. die Eintragung in ein Verzeichnis) zu, wenn sie die Anforderungen an ein Denkmal erfüllen. Deshalb ist für die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals, den Gegenstand oder die Sammlung den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen, keine Eintragung in die Denkmalliste erforderlich. Wenn die Bereitschaft besteht, kommt die Steuerbefreiung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen deshalb auch für bewegliche Gegenstände zur Anwendung, die nach dem maßgebenden Landesdenkmalschutzgesetz nicht unter Schutz gestellt werden können.
Bei der Tatbestandsvoraussetzung, den Gegenstand oder die Sammlung den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen, handelt es sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, auf dessen Vorliegen nur anhand objektiver Sachverhalte geschlossen werden kann (BFH vom 12. Mai 2016, II R 56/14, BFH/NV S. 1385). Die Feststellungslast trägt der Steuerpflichtige.
Der Nachweis gilt als erbracht, wenn der Steuerpflichtige in einer Erklärung gegenüber der Denkmalbehörde seine Bereitschaft zum Ausdruck bringt, die Vorschriften des jeweils landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzes zur Denkmalspflege einzuhalten. Zuständige Denkmalbehörde bei beweglichen Kunstgegenständen ist die Behörde an dem Ort, an dem sich der Gegenstand bzw. die Sammlung zum Zeitpunkt der Entstehung der Steuer befindet oder an welchen der Gegenstand bzw. die Sammlung zeitnah verbracht wird.
Kann die Ernsthaftigkeit der gegenüber der Denkmalschutzbehörde abgegebenen Erklärung substantiiert widerlegt werden, z. B. weil gerade keine erhaltenden Maßnahmen getroffen werden, kann die Befreiung trotz dieser Erklärung nicht gewährt werden bzw. entfällt innerhalb des Zehnjahreszeitraumes rückwirkend (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 ErbStG).
Darüber hinaus können folgende (erhaltende) Maßnahmen in einer Gesamtschau als Indizien für den objektiven Nachweis der Bereitschaft des Steuerpflichtigen, die Vorschriften des jeweils landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzes zur Denkmalspflege einzuhalten, dienen:
- Abschluss eines Leih- und Kooperationsvertrages mit einem fachlich einschlägigen Museum,
- die konservatorisch einwandfreie und sichere Aufbewahrung und Pflege,
- Einleitung von Maßnahmen der Instandhaltung, Instandsetzung, Sanierung, Restaurierung und Ergänzung oder
- Eintragung von Kunstgegenständen in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes nach dem Kulturgutschutzgesetz.
Als Maßnahmen der Instandhaltung, Instandsetzung, Sanierung, Restaurierung und Ergänzung mit Indizwirkung für die Bereitschaft zur Einhaltung der Vorschriften zur Denkmalspflege sind nur solche Maßnahmen anzusehen, die sich entweder unmittelbar aus der Denkmaleigenschaft ergeben oder die zumindest in Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde erfolgen. Betrifft die Denkmaleigenschaft nur Teile eines Vermögensgegenstandes, müssen sich die Maßnahmen auf diesen Teil beziehen.
Ergreift erst der Steuerpflichtige die vorstehend genannten Maßnahmen, sind diese in einem angemessenen zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb zumindest einzuleiten. Dabei sind ca. sechs Monate nach Erlangung der Kenntnis vom Erwerb durch den Steuerpflichtigen noch als rechtzeitig anzusehen. Wird dieser Zeitraum überschritten, kann die Begünstigung nur in begründeten Ausnahmefällen (z. B aufgrund von Erbstreitigkeiten) gewährt werden. Der Steuerpflichtige hat darzulegen, welche Gründe das Einleiten der Maßnahmen innerhalb des Sechsmonatszeitraums verhindert haben und warum er diese Gründe nicht zu vertreten hat (BFH vom 23. Juni 2015, II R 39/13, BStBl 2016 II S. 225).
Bei der Prüfung des Merkmals der zwanzigjährigen Zugehörigkeit zum Familienbes...