Sachverhalt
Bei dem Vorabentscheidungsersuchen ging es um den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie ("Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker") und - ähnlich wie in der Rechtssache C-240/05 (Eurodental Sarl) - um die Frage, welche Steuerbefreiung bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung von Zahnersatz anzuwenden ist. Der Kläger, ein niederländischer Unternehmer, lieferte Zahnersatz an Kunden in anderen Mitgliedstaaten, den er jedoch nicht selbst herstellte, sondern von Zahnlabors meist in Drittstaaten anfertigen ließ. Das Vorlagegericht wollte wissen, ob Lieferungen von Zahnersatz nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie nur dann befreit sind, wenn der liefernde Unternehmer (Zahntechniker) den Zahnersatz selbst hergestellt hat oder ob auch Lieferungen durch andere Unternehmer befreit sind, die Zahntechniker mit der Herstellung des Zahnersatzes beauftragt haben. Weiterhin fragte das Vorlagegericht den EuGH, ob für an sich vorsteuerschädliche steuerfreie Lieferungen von Zahnersatz dann ein Vorsteuerabzugsrecht besteht, wenn der Zahnersatz in einen anderen Mitgliedstaat (z.B. Deutschland) geliefert wird, in dem Inlandslieferungen von Zahnersatz steuerpflichtig sind.
Entscheidung
Der EuGH hat entschieden, dass die Steuerbefreiung nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie eng auszulegen ist und nur für Lieferungen von Zahnärzten und Zahntechnikern gilt. Wie die meisten der in Artikel 13 Teil A der 6. EG-Richtlinie enthaltenen Steuerbefreiungen ist die Steuerbefreiung für die Lieferungen von Zahnersatz nicht nur nach der Art der gelieferten Gegenstände, sondern auch nach der Eigenschaft des Lieferanten definiert. Diese Einschränkung des Anwendungsbereichs der Steuerbefreiung ergibt sich ausdrücklich aus der Gesamtheit der Sprachfassungen. Die Steuerbefreiung setzt nach der Entscheidung voraus, dass die Lieferungen von Angehörigen zweier bestimmter Berufsgruppen erbracht werden, und zwar von Zahnärzten und von Zahntechnikern. Daher können Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler, der kein Zahnarzt oder Zahntechniker ist, nicht unter die Steuerbefreiung fallen. Dementsprechend musste der EuGH die Frage nach dem Vorsteuerabzugsrecht nicht mehr stellen (da die Lieferungen im Vorlagefall steuerpflichtig sind, berechtigen sie auch zum Vorsteuerabzug).
Hinweis
Fraglich ist, ob die Entscheidung Einfluss auf das deutsche Recht hat. Im Vorlagefall ging es um Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker. Diese Umsätze sind nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie zwar grundsätzlich steuerbefreit. Die Mitgliedstaaten können nach Artikel 28 Abs. 3 Buchst. a i.V.m. Anhang E Nr. 2 der 6. EG-Richtlinie diese Umsätze jedoch (weiterhin) besteuern. Hiervon macht Deutschland für Lieferungen oder Wiederherstellungen von Zahnprothesen, soweit sie der Unternehmer in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat, Gebrauch. Diese Umsätze unterliegen in Deutschland dem ermäßigten Steuersatz (soweit es sich um Leistungen der Zahnärzte handelt). Gleiches gilt für Leistungen aus der Tätigkeit als Zahntechniker (§ 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG). Das deutsche Recht dürfte mit dem EuGH-Urteil in Einklang stehen, da die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes (wie das Gemeinschaftsrecht für die Steuerbefreiung) auch an die Tätigkeit als Zahnarzt bzw. Zahntechniker anknüpft.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 14.12.2006, C-401/05