Leitsatz

  • Der Zwangsverwalter besitzt das Stimmrecht des Eigentümers einer zwangsverwalteten Wohnung

    Wurde ein Wohnungseigentümer rechtskräftig zur Veräußerung seines Eigentums verurteilt (Entziehung), wirkt sich dies auf das Stimmrecht des Zwangsverwalters nicht aus

    Allein wegen Wohngeldrückständen eines Eigentümers oder Zwangsverwalters kann deren Stimmrecht nicht beschlussweise ausgeschlossen werden

    Auch ein genereller Ausschluss eines Stimmrechts für alle nachfolgenden Abstimmungen wegen der Befürchtung eines Rechtsmissbrauchs ist nicht zulässig

 

Normenkette

§ 18 WEG, § 25 Abs. 5 WEG, § 152 ZVG

 

Kommentar

1. Dem hier anfechtenden Zwangsverwalter als Antragsteller steht nach herrschender Rechtsmeinung das Stimmrecht des Eigentümers der zwangsverwalteten Wohnungen in der Eigentümerversammlung zu. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Aufspaltung des Stimmrechts bei angeordneter Zwangsverwaltung jeweils danach vorzunehmen ist, ob die betreffende Handlung durch den Zweck der Zwangsverwaltung gedeckt ist; jedenfalls besteht eine Vermutung, dass grundsätzlich Beschlussgegenstände einer Eigentümerversammlung die Zwangsverwaltung berühren (KG Berlin, WE 90, 206); auch im vorliegenden Fall wurde diese Vermutung nicht widerlegt.

2. Ein Zwangsverwalter übt das Stimmrecht als Organ der Rechtspflege selbständig, im eigenen Namen und aus eigenem Recht aus. Der Ausschluss des Stimmrechts nach § 25 Abs. 5, 3. Variante WEG bezieht sich nicht auf das Wohnungseigentum, sondern auf den störenden Wohnungseigentümer (keine Stimmberechtigung des nach § 18 WEG - Entziehung - rechtskräftig verurteilten Eigentümers). Somit wirkt sich auch eine rechtskräftige Verurteilung nach § 18 WEGnicht auf das Stimmrecht des Zwangsverwalters aus.

3. Wegen der Bedeutung des Stimmrechts ist auch ein Wohnungseigentümer mit seinem Stimmrecht wegen bestehender Wohngeldrückstände nicht ausgeschlossen. Der Ausschluss bedeutet eine ganz erhebliche Einschränkung des Mitgliedschaftsrechts und ist deshalb nur auf eng begrenzte, gesetzlich vorgesehene Ausnahmefälle zu beschränken (vgl. auch KG Berlin, WE 89, 168). Gleiches gilt für das Stimmrecht eines Zwangsverwalters, selbst wenn dieser mit der Bezahlung von Wohngeld in Rückstand geraten ist oder er sich geweigert haben sollte, Sonderumlagen zu bezahlen, die wegen der Kosten von Rechtstreitigkeiten beschlossen worden waren.

Ein Stimmrecht kann nur insoweit nicht ausgeübt werden, als dies Rechtsmissbrauch darstellt; dabei kommt es darauf an, ob jeweils die konkrete Ausübung des Stimmrechts als Verstoß gegen Treu und Glauben anzusehen ist. Im vorliegenden Fall wurde der antragstellende Zwangsverwalter erst gar nicht zur Abstimmung zugelassen. Ein genereller Ausschluss des Stimmrechts für alle nachfolgenden Abstimmungen ist hier nicht zulässig. Vorliegend fehlt auch schlüssiger Sachvortrag dafür, weshalb bei den einzelnen Tagesordnungspunkten eine missbräuchliche Ausübung des Stimmrechts durch den Zwangsverwalter mit großer Wahrscheinlichkeit zu befürchten gewesen wäre.

4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für diese Instanz von DM 21.000.

 

Link zur Entscheidung

( BayObLG, Beschluss vom 05.11.1998, 2Z BR 131/98)

zu Gruppe 5:  Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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