Leitsatz

  • Keine Anfechtung bei negativem Abstimmungsergebnis

    Rechtsmissbräuchliche Verwalterwahl (majorisierende Stimmrechtsausübung)

 

Normenkette

§ 23 Abs. 4 WEG, § 26 WEG, § 242 BGB

 

Kommentar

1. Hat aufgrund der Stimmen eines Mehrheitseigentümers die rechnerische Mehrheit positiv für einen Antrag gestimmt, der Versammlungsleiter jedoch bekanntgegeben, dass der Antrag keine Mehrheit gefunden habe, weil die vom Mehrheitseigentümer abgegebenen Stimmen nur mit einer Sperrminorität von 25 % berücksichtigt werden könnten, und gehen die Versammlungsteilnehmer anschließend davon aus, die Abstimmung sei insoweit negativ verlaufen, so bedarf es keiner Anfechtung, um die Ungültigkeit eines solchen Beschlusses im Sinne einer Antragsannahme zu erreichen. Dies habe selbst dann zu gelten, wenn der Mehrheitseigentümer der Beurteilung des Abstimmungsergebnisses durch den Verwalter widersprochen habe. In diesem Zusammenhang müsse nicht abschließend entschieden werden, ob für einen "Beschluss" nur ein bestimmtes Abstimmungsergebnis maßgeblich sei oder ob es zur Gültigkeit eines Beschlusses einer formellen Feststellung und Verkündigung des Abstimmungsergebnisses bedürfe (vgl. zum Streitstand auch Weitnauer, 7. A. § 23 Rn. 3 h und Wangemann WuM 1989, 53). Jeder Beschluss setze zumindest voraus, dass die Möglichkeit bestehe, dass ein betreffender Antrag in oder nach der Versammlung als angenommen angesehen werden könne. Sei die Feststellung eines Versammlungsleiters hinsichtlich einer mehrheitlichen Antragsannahme unrichtig und verkünde er dieses Ergebnis und halte es auch in der Niederschrift fest, müsse von einem Beschluss ausgegangen werden, solange dieser verkündete Beschluss nicht wirksam angefochten worden sei. Wenn im vorliegenden Fall Streit darüber bestehe, ob ein mehrheitlicher Beschluss zustande gekommen sei, müsse nicht die Monatsfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG beachtet werden.

2. Ein Stimmenübergewicht - wie hier - führe zwar nicht dazu, dass eine vereinbarte Stimmrechtsregelung in der Teilungserklärung als solche unzulässig und unwirksam sei, allerdings liege jedenfalls dann ein Rechtsmissbrauch vor, wenn die mit den Stimmen des Mehrheitseigentümers beschlossene Maßnahme den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung widerspreche (so zwischenzeitlich h. R. M.). Es bestünden bereits durchgreifende Bedenken dagegen, dass ein Eigentümer sein absolutes Stimmengewicht zur eigenen Verwalterwahl oder zur Wahl eines Verwalters seines Vertrauens einsetze, mit dem er wirtschaftlich eng verbunden sei oder auf den er einen beherrschenden Einfluss ausüben könne (vgl. schon OLG Hamm, RPfl. 1979, 182 und OLG Düsseldorf, OLG Z 84, 289). Ein Verwalter sei neben der Versammlung der Eigentümer das wichtigste Organ der Gemeinschaft; er habe nicht nur Beschlüsse der Eigentümer durchzuführen, sondern er habe auch weitgehend den ersten Zugriff, wenn es darum gehe, welche Maßnahmen im Rahmen der Verwaltung zu treffen seien (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). Unbeschadet des Weisungs- und Kontrollrechts der Gemeinschaft stelle der Verwalter also eine eigenständige "Machtposition" dar. Von seiner fachlichen und persönlichen Qualifikation hingen das Funktionieren der Gemeinschaft und ihr innerer Friede entscheidend ab. Die Person des Verwalters bestimme also auch weitgehend, ob die Interessen aller Eigentümer gleichberechtigt zum Tragen kämen. Dies sei bei Überstimmungsmöglichkeiten wie im vorliegenden Fall infrage gestellt. Generelle Stimmrechtsbeschränkungen seien allerdings nicht gerechtfertigt (die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf in OLGZ 84, 289 dürfte auch durch neue Entscheidung des Senats korrigiert worden sein, vgl. OLG Düsseldorf, vom 30.08.1988, Wx 185/88; so Drasdo, DWE 1989, 50).

 

Link zur Entscheidung

( OLG Celle, Beschluss vom 27.06.1989, 4 W 79/89, WE 6/89, 199).

zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer

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