Dr. iur. Barbara Mayer, Dr. Jan Barth
Zusammenfassung
Das OLG München hat sich zu der umstrittenen Frage geäußert, ob ein Gesellschafter einer KG bei einem Gesellschafterbeschluss, der die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit diesem Gesellschafter betrifft, vom Stimmrecht ausgeschlossen ist. Das OLG bejaht mit der inzwischen überwiegenden Ansicht in Analogie zu den Regelungen bei der GmbH einen derartigen Ausschluss. Eine höchstrichterliche Entscheidung der Frage steht jedoch noch aus. Deshalb bleibt es ratsam, bei Personengesellschaften im Gesellschaftsvertrag zu regeln, wann ein Gesellschafter von der Abstimmung ausgeschlossen sein soll.
Zum Sachverhalt der Entscheidung
Der Kläger war als Kommanditist an einer Publikums-KG beteiligt, die einen Immobilienfonds aufbauen, bewirtschaften und verwerten sollte. Die Führung des Tagesgeschäfts oblag einer geschäftsführenden Kommanditistin; für die Veräußerung von Immobilien war ein Gesellschafterbeschluss mit einfacher Mehrheit erforderlich. Bei einer Gesellschafterversammlung wurde beschlossen, sämtliche Immobilien der KG erheblich unter Wert an eine Tochtergesellschaft der geschäftsführenden Kommanditistin zu verkaufen. Der Kläger hält den Beschluss für nichtig, weil die Mehrheit nur mit den Stimmen der geschäftsführenden Kommanditistin zustande gekommen war. Die habe aber nicht mitstimmen dürfen, weil sie bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft zwischen ihrer Tochtergesellschaft und der KG einem Stimmverbot unterlegen habe.
Das Urteil des OLG München vom 18.7.2018, 7 U 4225/17
Das OLG München gab dem Kläger recht und erklärte den Gesellschafterbeschluss für nichtig. Zwar seien Stimmverbote bei den Personengesellschaften (und damit auch bei der KG) nicht abschließend geregelt. Es sei jedoch ganz allgemein nicht zu erwarten, dass ein Gesellschafter – bei der Beschlussfassung über den Abschluss eines Vertrages mit ihm selbst – seine Belange denen der Gesellschaft nachstellen werde. In solchen Fällen sei der Gesellschafter daher in Analogie zu § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG von der Abstimmung ausgeschlossen. Dass hier der Verkauf der Immobilien nicht direkt an die geschäftsführende Kommanditistin, sondern an ihre Tochtergesellschaft beschlossen wurde, ändere daran nichts. Denn eine Mehrheitsbeteiligung stelle eine derart enge wirtschaftliche Verbundenheit zwischen der geschäftsführenden Gesellschafterin und ihrer Tochter dar, dass das persönliche Interesse der Gesellschafterin mit dem der Vertragspartnerin in spe gleichzusetzen sei.
Anmerkung
Die Frage, wann ein Gesellschafter einem Stimmverbot unterliegt, ist für Kapitalgesellschaften gesetzlich geregelt. So sind Aktionäre in der Hauptversammlung vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn es um ihre Entlastung (z.B. als Vorstand), um ihre Befreiung von einer Verbindlichkeit oder um die Geltendmachung eines Anspruchs ihnen gegenüber geht. Bei der GmbH sind Gesellschafter darüber hinaus auch dann ausgeschlossen, wenn über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts zwischen der GmbH und dem betroffenen Gesellschafter abgestimmt wird. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Gesellschafter einer GmbH unmittelbar Einfluss auf die Geschäftsführung nehmen können – die Hauptversammlung einer AG aber nur, wenn der Vorstand dies verlangt.
Bei den Personengesellschaften fehlt eine entsprechende gesetzliche Regelung. Die Frage, ob insoweit auch ein generelles Stimmverbot anzunehmen ist, oder ob dies nur in besonders gelagerten Einzelfällen greifen soll, ist in der juristischen Literatur nach wie vor umstritten. In jüngerer Zeit geht die Tendenz dahin, die für die GmbH geltenden Stimmverbotsregeln auch bei den Personengesellschaften anzuwenden. Das OLG München schließt sich dieser Sichtweise an und setzt damit eine Reihe entsprechender oberlandesgerichtlicher Entscheidungen fort.
Das Kernargument ist pragmatisch: Es gilt zu verhindern, dass eine Gesellschaftermehrheit ihre eigenen Interessen über die der Gesellschaft stellt und deren Vermögen zulasten der Minderheit plündert – etwa durch den Verkauf von Gesellschaftsimmobilien unter Wert. Das ließe sich jedoch auch dadurch erreichen, dass im Rahmen einer nachgelagerten (gerichtlichen) Beschlusskontrolle überprüft wird, ob sich der Interessenkonflikt im konkreten Fall ausgewirkt hat. So wäre der Gesellschafter nicht – wegen der abstrakten Gefahr eines Missbrauchs – generell von der Abstimmung ausgeschlossen, sondern nur daran gehindert, sein Stimmrecht im konkreten Fall missbräuchlich einzusetzen. Der Nachweis dürfte im Einzelfall jedoch nicht leicht zu führen sein. Daher verwirft das OLG München diesen Ansatz und dreht den Spieß um: Statt die übrigen Gesellschafter mit dem Nachweis zu belasten, erwägt das Gericht – ganz pragmatisch –, dass ein selbstloses Stimmverhalten des betroffenen Gesellschafters generell nicht zu erwarten ist.
Das schafft Rechtssicherheit und ist daher charmant. Ganz zwingend ist es jedoch nicht – und bislang hat sich der BGH der Sichtweise der Oberlandesgerichte (noch) nicht angeschlossen. Für die Gestaltungspraxis...