Leitsatz
- Der DIN 4109 kommt ein erhebliches Gewicht zu, soweit es um die Bestimmung dessen geht, was die Wohnungseigentümer an Beeinträchtigungen durch Luft- und Trittschall zu dulden haben.
- Der zu gewährende Schallschutz richtet sich grundsätzlich nach den im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Schutzwerten.
- Der Umstand, dass ein vorhandener Bodenbelag durch einen anderen ersetzt wird, rechtfertigt nicht die Heranziehung der zur Zeit der Durchführung der Maßnahme geltenden Ausgabe der DIN 4109.
- Es gibt keinen allgemeinen Anspruch auf Beibehaltung eines vorhandenen, die Mindestanforderungen überschreitenden Trittschallschutzes.
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 536
Kommentar
Die Entscheidung ist zu einer Wohnungseigentumsanlage ergangen; sie ist aber auch für die Verwaltung von Mietshäusern von Bedeutung: Bei der Errichtung des Gebäudes im Jahr 1966 wurden die jeweiligen Wohnungen mit Teppichböden ausgestattet. Der Schallschutz entsprach der damals geltenden DIN 4109 in der Ausgabe von 1962.
Im Zuge eines Mieterwechsels wurde in einer im 2. OG gelegenen Wohnung der Teppichboden entfernt. Im Wohnzimmer wurde Laminat verlegt; der Flurbereich erhielt einen Belag aus Bodenfliesen. Der Schallschutz verschlechterte sich auf diese Weise; dies beanstandete der Bewohner der darunterliegenden Räume. Die Grenzwerte der DIN 4109 in der Ausgabe von 1962 wurden indessen nicht überschritten.
Das Gericht hatte zu entscheiden, ob der Wohnungseigentümer verlangen kann, dass die ursprüngliche Qualität des Schallschutzes erhalten bleibt.
Dies ist nicht so: Die Qualität des Schallschutzes richtet sich grundsätzlich nach den Werten der zur Zeit der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen DIN-Normen. Eine spätere Änderung der Normen hat hierauf keinen Einfluss. Die ursprünglichen Werte bleiben auch dann maßgeblich, wenn in der Folgezeit der Bodenbelag ausgetauscht wird. In diesem Fall muss der Eigentümer dieser Wohnung weder die geänderten Normen beachten noch ist er zur Einhaltung des ursprünglichen Schutzniveaus verpflichtet. Vielmehr genügt es, wenn der Schallschutz weiterhin den zur Errichtung des Gebäudes maßgeblichen Grenzwerten entspricht.
Bei Austausch des Bodenbelags Schallschutzgrenzwerte einhalten
Für die Miete gilt: Der Vermieter ist in der Wahl des Bodenbelags frei. Er muss lediglich darauf achten, dass die zur Zeit der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen Grenzwerte nicht überschritten werden. Ist dies der Fall, kann der Mieter nicht mindern, wenn in der Nachbarwohnung der Bodenbelag ausgetauscht wird und es in der Folgezeit zu Störungen durch Trittschall kommt.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 1.6.2012, V ZR 195/11, NJW 2012 S. 2725