Normenkette
§ 27 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 WEG, § 266 StGB
Kommentar
An ihre Pflichten hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes in einer Revisions-Entscheidung die Verwalter von Eigentums- und Mietwohnungen in aller Deutlichkeit erinnert. Wer das ihm anvertraute Geld, sei es auf Treuhandkonten der Eigentümergemeinschaft oder auf Mietkautionskonten, entgegen seiner Zweckbestimmung abhebt und für eigene Zwecke verwendet, begeht eine Untreue und kann nach § 266 des Strafgesetzbuches verurteilt werden. Denn der Verwalter hat eine besondere Vermögensfürsorgepflicht gegenüber den Wohnungseigentümergemeinschaften, aber auch gegenüber Mietern, deren Kautionen er verwaltet. Verletzt der Verwalter diese Pflicht, so macht er sich strafbar.
Damit hat sich wohl erstmals ein Strafsenat des Bundesgerichtshofes mit Straftaten der Verwalter befasst (siehe allgemein dazu Huff, WE 1994, 250). Im entschiedenen Fall kam der Mehrheitsgesellschafter und Alleingeschäftsführer einer Verwaltungs-GmbH in finanzielle Schwierigkeiten. Um Finanzlücken (auch anderer ihm gehörender Gesellschaften) zu decken, hob er von den Gemeinschaftskonten der Eigentümer rund 377.000 DM ab. Zwar zahlte er später einen Teil wieder zurück; dies ändert aber, so die Richter, an der Strafbarkeit nichts. Bei den Mietkautionen entnahm der Verwalter der GmbH rund 688.000 DM, die er ebenfalls für seine anderen Gesellschaften verwendete.
Nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 4 WEG ist dem Verwalter ausdrücklich die Betreuung der finanziellen Interessen der Gemeinschaft übertragen. Damit sind auch die Voraussetzungen für eine Straftat erfüllt, wenn Geld veruntreut wird. Hier "besteht ein Treuhandverhältnis, das regelmäßig seiner Struktur nach vermögensfürsorgerischen Charakter trägt".
Erstmals entschieden hat der BGH auch darüber, ob ein Vermieter oder sein Beauftragter besondere Fürsorgepflichten hinsichtlich einer Mietkaution nach § 550b BGB besitzt. Entgegen der Ansicht anderer Gerichte (z.B. OLG Düsseldorf, NJW 1989, 1171; LG Bonn, NStZ 1993, 343) bejahen die Bundesrichter die Vermögensfürsorgepflicht des Vermieters auch hier und gehen bei der zweckwidrigen Verwendung der Kaution von einer Strafbarkeit aus. Damit genießen Mieter in Zukunft besseren Schutz hinsichtlich ihrer Kaution.
Die Revision des Angeklagten wurde zurückgewiesen (landgerichtliche Verurteilung: wegen Untreue in 13 Fällen und wegen vorsätzlicher Verletzung der Buchführungspflicht in 2 Fällen; Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren!)
Eine strafrechtliche Verurteilung kann im Übrigen für den Verwalter auch gewerberechtliche Konsequenzen haben. Das Bundesverwaltungsgericht ( BVerwG, Beschluss vom 6. 12. 1994, Az.: 1 B 234/94) hat eine Entscheidung der Landeshauptstadt München bestätigt, die einem untreuen Verwalter die Gewerbeerlaubnis nach § 35 GewO entzog.
Link zur Entscheidung
( BGH, Beschluss vom 23.08.1995, 5 StR 371/95)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung