Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Streitgenossen sind zunächst Personen, die gemeinsam klagen oder verklagt werden können. Die Streitgenossenschaft verbindet mehrere Klagen zur gemeinsamen Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung. Sie begründet mehrere Prozessrechtsverhältnisse, deren jedes sich selbstständig entwickelt (§§ 59 bis 63 ZPO).
Unterschieden werden die einfache und die notwendige Streitgenossenschaft.
Die Streitgenossenschaft ist in §§ 59 bis 63 ZPO geregelt.
1 Einfache Streitgenossenschaft
Gegenüber einfachen Streitgenossen kann das Gericht unterschiedlich urteilen: Es kann der Klage des einen Streitgenossen stattgeben und die Klage des anderen Streitgenossen abweisen. Notwendigen Streitgenossen gegenüber muss das Gericht gemäß § 62 ZPO ausnahmslos das gleiche Sachurteil fällen.
2 Notwendige Streitgenossenschaft
Bei der notwendigen Streitgenossenschaft unterscheidet man die prozessrechtlich notwendige von der materiell-rechtlich notwendigen Streitgenossenschaft.
2.1 Prozessrechtlich notwendige Streitgenossenschaft
Die prozessrechtlich notwendige Streitgenossenschaft betrifft die Fälle der Rechtskrafterstreckung. Das bedeutet, dass aus prozessualen Gründen nur eine einheitliche Entscheidung ergehen kann.
2.2 Materiell-rechtlich notwendige Streitgenossenschaft
Die materiell-rechtlich notwendige Streitgenossenschaft liegt hingegen vor, wenn das eingeklagte Recht nur allen Klägern gemeinsam zusteht oder sich gegen alle Beklagten gemeinsam richtet und deshalb nur von allen Klägern oder gegen alle Beklagten einheitlich ergehen kann. Der letzte Aspekt macht die anfechtenden Wohnungseigentümer bei einer Prozessverbindung nach § 44 Abs. 2 Satz 3 WEG zu materiell-rechtlich notwendigen Streitgenossen. Wie nämlich § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG bestimmt, ist die Anfechtungsklage jeweils gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten. Ihr gegenüber muss die Entscheidung einheitlich als Beklagte ergehen.
Nach § 62 Abs. 1 ZPO folgt daraus, dass der im Termin oder sonstige Fristen betreffende säumige Streitgenosse als durch die nicht säumigen Streitgenossen als vertreten anzusehen ist. Sie bleiben aber selbstständige Streitparteien. Insoweit müssen die einzelnen Streitgenossen ihren jeweiligen Prozess selbstständig führen und können Prozesshandlungen grundsätzlich nur mit Wirkung für ihr jeweiliges Prozessrechtsverhältnis vornehmen. Widersprüchlichen Vortrag muss das Gericht frei würdigen. Jeder Kläger ist insbesondere berechtigt, die von ihm erhobene Klage ohne Zustimmung seiner Streitgenossen zurückzunehmen. Ebenso ist jeder Streitgenosse selbstständig zur Einlegung von Rechtsmitteln berechtigt.
3 Exkurs: Streitgenössischer Streithelfer
Erhebt ein Wohnungseigentümer eine Beschlussklage, kann ihm oder der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ein Dritter als Streithelfer beitreten (sog. Nebenintervention). Bei dem Dritten wird es sich regelmäßig um einen anderen potenziellen Kläger handeln, der jedoch nicht selbst Klage erheben will oder dies nicht mehr kann, weil etwa die Frist zur Erhebung einer Anfechtungsklage abgelaufen ist. Der Beitritt ist nämlich in jeder Lage des Verfahrens möglich.
Die Streithilfe setzt ein rechtliches Interesse am Obsiegen der unterstützten Partei voraus. Dieses besteht bei dem Wohnungseigentümer als beitretendem Streithelfer bereits darin, dass nach § 44 Abs. 3 WEG ein Urteil auch für ihn oder gegen ihn wirken würde. Ein Wohnungseigentümer als Streithelfer ist als streitgenössischer Streithelfer anzusehen. Er ist insoweit befugt, auch gegen den Widerspruch der von ihm unterstützten Partei für diese Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen und Prozesshandlungen vorzunehmen. Er kann sogar Rechtsmittel selbstständig selbst nach einem Rechtsmittelverzicht der Hauptpartei für diese einlegen. Ist die Hauptpartei im Termin säumig, verhindert der anwesende Streithelfer die negativen Konsequenzen der Säumnis. Der Streithelfer kann allerdings nicht als Zeuge der Hauptpartei dienen, er wäre vielmehr als Partei zu vernehmen.
Die Kosten einer Nebenintervention regelt § 44 Abs. 4 WEG für den Fall, dass ein Wohnungseigentümer der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft als Streithelfer beitritt. Die durch eine solche Nebenintervention verursachten Kosten gelten allerdings nur dann als notwendig zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung i. S. d. § 91 ZPO, wenn die Nebenintervention geboten war. Fehlt es an der Gebotenheit, sind die Kosten der Nebenintervention nicht erstattungsfähig und der Streithelfer muss sie selbst tragen.
Ob eine Streithilfe geboten ist, beurteilt sich nach den Maßgaben des konkreten Einzelfalls. Sie kann geboten sein, wenn die Interessen der Wohnungseigentümer differenzieren, die Kosten oder die Haftung unter den Wohnungseigentümern differenzieren.