Leitsatz
Das für die Beschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Anfechtungsbeklagten, die einen für ungültig erklärten Beschluss der Wohnungseigentümer über die Genehmigung der Abrechnung mit dem Ziel der Aufrechterhaltung verteidigen, bemisst sich nach dem Nennbetrag der Abrechnung ohne den auf den Anfechtungskläger entfallenden Anteil.
Stützt der klagende Wohnungseigentümer die Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung auf Einwendungen gegen die Abrechnung insgesamt, bemisst sich der Streitwert gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem hälftigen Nennbetrag der Abrechnung; daneben sind die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG und des § 49a Abs. 2 GKG zu beachten.
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8; GKG § 49a
Das Problem
Im Jahr 2014 genehmigen die Wohnungseigentümer die Abrechnungen 2009 bis 2011. Gegen diese Beschlüsse geht Wohnungseigentümer K vor. Er rügt, die Darstellung der Gesamtausgaben und -einnahmen, der Instandhaltungsrückstellung und der Kontenentwicklung in den Abrechnungen sei nicht nachvollziehbar. Das Amtsgericht weist die Klage ab. Auf die Berufung ändert das Landgericht das Urteil ab und erklärt die Beschlüsse über die Abrechnungen für ungültig. Dagegen wenden sich die beklagten Wohnungseigentümer mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Entscheidung
Nichtzulassungsbeschwerde: Zulässigkeit
Die Nichtzulassungsbeschwerde sei zulässig, insbesondere übersteige der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderlichen Betrag von 20.000 EUR.
- Das für die Beschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse der Anfechtungsbeklagten, die einen für ungültig erklärten Beschluss der Wohnungseigentümer über die Genehmigung der Abrechnung mit dem Ziel der Aufrechterhaltung verteidigen, bemesse sich nach dem Nennbetrag der Abrechnung ohne den auf den Anfechtungskläger entfallenden Anteil. Das entspreche der Bemessung der Beschwer des klagenden Wohnungseigentümers im umgekehrten Fall, wenn also die Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung abgewiesen werde. Sie bestimme sich bei einer einschränkungslosen Anfechtung des Beschlusses nach dem Anteil des Anfechtungsklägers an dem Gesamtergebnis der Abrechnung, und zwar auch dann, wenn dieser formale Fehler der Abrechnung bemängle (Hinweis auf BGH v. 15.5.2012, V ZB 282/11, ZWE 2012 S. 336 Rn. 7 und – zum Wirtschaftsplan – BGH v. 18.9.2014, V ZR 290/13, NZM 2014 S. 912 Rn. 10; zur Beschwer bei einer auf einzelne Kostenpositionen beschränkten Anfechtungsklage Hinweis auf BGH v. 9.7.2015, V ZB 198/14, ZWE 2015 S. 466 Rn. 11).
- Daran gemessen seien die Beklagten durch die Entscheidung des Berufungsgerichts mit mehr als 20.000 EUR beschwert. Die Abrechnungen 2009 bis 2011 seien darin insgesamt für ungültig erklärt worden. Ausgehend von den Nennbeträgen von zusammen 46.924,65 EUR ergebe sich nach Abzug der auf K entfallenden Anteile von zusammen 7.307,45 EUR ein darüber liegender Betrag.
Nichtzulassungsbeschwerde: Begründetheit
Das Rechtsmittel sei aber unbegründet. Die Rechtssache werfe keine entscheidungserheblichen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Entscheidung sei auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (zur Vorinstanz siehe LG Dortmund v. 24.6.2016, 17 S 303/15, IMR 2016 S. 442).
Bemessung des Streitwerts
- Der Streitwert sei gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG auf 50 % des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen festzusetzen. Dieses hänge bei der Anfechtung eines Beschlusses über die Abrechnung zunächst davon ab, ob sich der klagende Eigentümer nur gegen den Ansatz einzelner Kostenpositionen wende (zur Streitwertfestsetzung in diesem Fall Hinweis auf BGH v. 9.7.2015, V ZB 198/14, ZWE 2015 S. 466 Rn. 17) oder gegen die gesamte Abrechnung. Stütze der klagende Wohnungseigentümer – wie hier – die Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung auf Einwendungen gegen die Abrechnung insgesamt, bemesse sich der Streitwert gemäß § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem hälftigen Nennbetrag der Abrechnung; daneben seien die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG und des § 49a Abs. 2 GKG zu beachten.
- Die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur halte es zwar für geboten, das Interesse der Parteien an der Entscheidung über die Anfechtung des Beschlusses über die Genehmigung der Abrechnung mit einem Bruchteil des Nennbetrags der Abrechnung zu bemessen. Dessen Höhe bestimme sich nach den Umständen des Einzelfalls. Richte sich die Anfechtungsklage gegen die Abrechnung insgesamt, sei das Gesamtinteresse regelmäßig mit 20 % bis 25 % des Nennbetrags zu bewerten (Hinweis unter anderem auf Suilmann in Jennißen, WEG, 5. Auflage 2017, § 49a GKG Rn. 16). Nach anderer Auffassung sei das Interesse der Parteien im Sinne des § 49 Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem Eigeninteresse des Klägers zuzüglich eines Bruchteils von 25 % des verbleibenden Gesamtvolumens zu ermitteln (sogenannte Hamburger Form...