Leitsatz
Das FamG hatte den Streitwert für eine Ehesache auf 3.000,00 EUR festgesetzt und nach Anfechtung des Streitwertbeschlusses in seiner Nichtabhilfeentscheidung ausgeführt, von dem Einkommen des Antragstellers sei der von ihm für die gemeinsamen drei Kinder gezahlte Unterhalt von insgesamt 372,00 EUR sowie der monatliche Schuldendienst i.H.v. 625,51 EUR abzuziehen. Das von der Antragsgegnerin bezogene Arbeitslosengeld II und das an sie gezahlte Elterngeld hätten als Sozialleistungen keinen Einkommenscharakter i.S.d. GKG.
Hiergegen wandte sich die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde im eigenen Namen und wandte sich dagegen, dass das von der Antragsgegnerin bezogene Arbeitslosengeld II und das Elterngeld bei der Streitwertbemessung keine Berücksichtigung gefunden hätten.
Die Beschwerde hatte Erfolg.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG Schleswig wies zunächst darauf hin, dass umstritten sei, ob Arbeitslosengeld II die Einkommensverhältnisse der Parteien mit bestimme. Mehrheitlich werde ihm eine Bedeutung für die Streitwertbestimmung mit der Begründung abgesprochen, der Bezug von Arbeitslosengeld II sei Ausdruck der Bedürftigkeit und nicht der Leistungsfähigkeit einer Partei (OLG Dresden NJW-RR 2007, 1161 f. unter Bezugnahme auf Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 3 Stichwort "Ehesache"; OLG Rostock NJW-RR 2207, 1152). Aus dem Bezug von Arbeitslosengeld II folge, dass die Parteien nicht individuell belastbar seien. Das Gesetz knüpfe hinsichtlich der Gebührenrechnung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an, diese individuelle Belastbarkeit werde aber durch Sozialhilfe nicht bestimmt.
Die Gegenansicht stelle darauf ab, dass § 48 GKG die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien zum Maßstab mache, ohne dabei zu unterscheiden, aus welcher Quelle das bezogene Einkommen stamme. Auch Sozialleistungen beeinflussten unabhängig von deren Zweckbestimmung die wirtschaftliche Situation der Parteien (OLG Hamm FamRZ 2006, 632; OLG Frankfurt, NJW-RR 2008, 310 f.; im Ergebnis ebenso Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 48 GKG Rz. 38; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rz. 1268). Der zuletzt genannten Auffassung schloss sich das OLG Schleswig an und führte dazu aus, der Wortlaut des § 48 Abs. 2 GKG biete keinen Ansatz dafür, dass zwischen einem aus eigener Kraft erzielten Einkommen und einer staatlichen Unterstützung zu unterscheiden sei. Die danach gebotene Gleichbehandlung aller die wirtschaftliche Lage einer Partei beeinflussenden Einkünfte mache - als Nebeneffekt - eine gerade im Bereich des Arbeitslosengeldes II häufig schwer zu treffende und von der ARGE aus Praktikabilitätserwägungen vielfach nicht vorgenommene Prüfung hinfällig, ob im Einzelfall die gewährte Leistung Sozialhilfecharakter oder Lohnersatzfunktion habe.
Im Übrigen hindere § 48 Abs. 3 S. 1 GKG nicht, Sozialleistungen zum Einkommen zu zählen. Der Gesetzgeber beantworte mit dem Abstellen auf das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen nur die Frage, ob und mit welchem Vervielfacher die Einkünfte für die Streitwertbestimmung herangezogen werden sollen.
Aus den zuvor genannten Ausführungen folge auch, dass auch das von der Antragsgegnerin bei Einleitung des Scheidungsverfahrens bezogene Elterngeld den Streitwert erhöhe.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 28.05.2008, 8 WF 64/06