Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage der Wertfestsetzung im Ehescheidungsverfahren, wenn eine der Parteien Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II bezieht und der andere Ehepartner arbeitslos und ohne Einkünfte ist.
Sachverhalt
Bei Einleitung des Ehescheidungsverfahrens zwischen den Parteien bezog die Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II, Kindergeld für ein gemeinsames und zwei weitere Kinder sowie Erziehungsgeld.
Der Antragsgegner erklärte im Termin zur mündlichen Verhandlung, zum Zeitpunkt der Anhängigkeit der Ehesache arbeitslos und ohne eigene Einkünfte gewesen zu sein.
Das AG hat daraufhin den Streitwert für die Ehescheidung 2.000,00 EUR sowie den Versorgungsausgleich auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen diese Wertfestsetzung richtete sich die Beschwerde eines der Verfahrensbevollmächtigten, der sowohl die ALG II-Leistungen, als auch das Kinder- und Erziehungsgeld bei der Festsetzung des Streitwerts berücksichtigt wissen wollte.
Im Übrigen habe der Ehemann entgegen seiner Behauptung im maßgeblichen Zeitraum ein Einkommen von 2.360,00 EUR bezogen, so dass ein Streitwert für die Ehesache von 10.668,00 EUR festzusetzen sei.
Das AG hat der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Streitwert für die Ehesache auf 4.386,00 EUR festgesetzt sowie im Übrigen das Verfahren dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Das Rechtsmittel führte lediglich in geringem Umfang zum Erfolg.
Entscheidung
Das OLG setzte in Abänderung der Teilabhilfeentscheidung des FamG den Streitwert für die Ehesache auf 4.914,24 EUR fest.
In seiner Berechnung legte es ein Monatsnettoeinkommen des Antragsgegners i.H.v. 972,46 EUR zugrunde, das sich um die dem Antragsgegner im maßgeblichen Zeitraum gezahlte Aufwandsentschädigung um 453,62 EUR monatlich erhöhe.
Aufseiten der Antragstellerin sei das staatliche Kindergeld für drei minderjährige Kinder i.H.v. insgesamt 462,00 EUR zu berücksichtigen, das von ihr bezogene Erziehungsgeld von 300,00 EUR monatlich sei jedoch bei der Streitwertberechnung ohne Bedeutung, da es keine Lohnersatzfunktion habe, sondern auch an Eltern gezahlt werde, die zuvor nicht erwerbstätig gewesen seien.
Im Regelfall sei daher das Erziehungsgeld nicht als anrechenbares Einkommen zu berücksichtigen.
Auch die an die Antragstellerin gezahlten Leistungen nach SGB II seien für die Wertfestsetzung ohne Belang. Diese Leistungen würden nur subsidiär gezahlt. Ein Anspruch bestehe nur dann, wenn der Betreffende bedürftig sei, er also seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Art und Weise bestreiten könne.
Anders als das Arbeitslosengeld I dienen also die Leistungen nach dem SGB II der Unterstützung eines dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Arbeitslosen, der sich in einer schlechten finanziellen Situation befinde. Im Hinblick darauf seien die SGB II-Leistungen aufgrund ihrer Nähe zur Arbeitslosen- und Sozialhilfe bei der Streitwertbemessung in Ehesachen nicht zu berücksichtigen (so auch KG, FamRZ 2009, 1854; OLGReport Saarbrücken 2009, 846; OLG Naumburg FamRZ 2009, 639; OLGReport Schleswig 2008, 951; OLG Rostock FamRZ 2007).
Von dem insoweit ermittelten Gesamteinkommen der Parteien von insgesamt 1.888,08 EUR (1.426,08 EUR + 462,00 EUR) war nach Auffassung des OLG im Hinblick auf die Unterhaltspflicht ggü. Kindern ein Pauschalbetrag für Unterhaltsaufwendungen abzusetzen, der nunmehr mit einem Betrag zwischen 250,00 EUR und 300,00 EUR anzusetzen sei, wobei der Senat sich auf einen Betrag von 250,00 EUR festlegte.
Dieser Abzug könne im vorliegenden Fall jedoch lediglich für das gemeinsame Kind der Parteien in Abzug gebracht werden, da die weiteren Kinder der Antragstellerin Barunterhalt von ihrem Vater in übersteigender Höhe erhielten.
Damit reduziere sich das Nettoeinkommen der Parteien auf 1.638,08 EUR, so dass sich ein 3-Monats-Betrag i.H.v. 4.914,24 EUR als Streitwert für die Ehesache errechne.
Link zur Entscheidung
Thüringer OLG, Beschluss vom 12.05.2010, 1 WF 143/10