Leitsatz
Der BGH hat mit einer neuen Entscheidung einer weiteren Ausdehnung der Marktführer E.ON und RWE eine Absage erteilt. Grund: E.ON habe zusammen mit RWE in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung.
Sachverhalt
Mit dieser ersten Grundsatzentscheidung seit der Liberalisierung des Strommarkts 1998 untersagte der Kartellsenat dem Energiekonzern E.ON eine Minderheitsbeteiligung an den Stadtwerken Eschwege. E.ON wollte 33 % an den Stadtwerken übernehmen. Das Bundeskartellamt untersagte dies im Jahr 2003. Das OLG Düsseldorf bestätigte das Verbot im vergangenen Jahr, nachdem es Datenmaterial über die Strommärkte erhoben und daraus den Schluss gezogen hatte, dass die beiden Konzerne marktbeherrschend seien. Dem schloss sich der BGH an.
Das Bundeskartellamt, dessen Veto richterlich bestätigt wurde, sieht damit den weiteren Ausbau der Minderheitsbeteiligungen beiden Marktführern verbaut. Für Verbraucher sei dies allerdings nur ein Teilerfolg. Der Wettbewerb auf dem Strommarkt kranke an vielen weiteren Punkten. Es werde deshalb nicht zu kurzfristigen Strompreissenkungen kommen. Laut BGH verfolgen E.ON und RWE als Marktführer die Strategie, an zahlreichen Stadtwerken und sonstigen Stromversorgern Minderheitsbeteiligungen zu erwerben, um ihre Absatzgebiete zu sichern. Zusammen halten sie schon jetzt Beteiligungen an mehr als 200 Unternehmen. Zusätzliche Beteiligungen würden den Wettbewerb weiter einschränken.
Laut BGH besteht in Deutschland für hier erzeugten oder importierten Strom noch kein freier Wettbewerb, sondern ein marktbeherrschendes "Oligopol" von E.ON und RWE. Ursache dafür sei u.a. die geringe Durchleitungskapazität der "Kuppelstellen" an den deutschen Grenzen, über die ausländischer Strom nach Deutschland geleitet werden kann. Deshalb könnten ausländische Stromanbieter auf dem deutschen Markt nur einen geringen Wettbewerbsdruck entfalten. Im Inland herrscht aus Sicht des obersten Kartellgerichts zwischen E.ON und RWE kein nennenswerter Wettbewerb. Auch andere Konkurrenten, wie Vattenfall und Energie Baden-Württemberg (EnBW), seien nicht in der Lage, einen hinreichenden Wettbewerb gegen die Marktführer aufzubauen. Fazit: E.ON und RWE seien als "gemeinsam marktbeherrschend" anzusehen.
Hinweis
Beim BGH steht ein weiteres Verfahren an, mit dem der Wettbewerb auf dem Strommarkt in Gang gebracht werden soll. Ende Januar verhandelt der Kartellsenat über langfristige Lieferverträge. Durch diese teilweise 20 Jahre lang laufenden Bindungen würden die regionalen Versorger an die großen Energiekonzerne gebunden, was den Eintritt von Konkurrenten in den Markt erschwert.
Link zur Entscheidung
BGH, Beschluss vom 11.11.2008, KVR 60/07.