Die gesetzlichen Kompetenz- und Handlungsstrukturen hinsichtlich baulicher Maßnahmen beruhen seit 1.12.2020 nicht mehr auf den Vorstellungen des Gesetzgebers des Jahres 1951, dass die Wohnungseigentümer ohne grundsätzliche Verpflichtung, einen Verwalter zu bestellen, gemeinschaftlich die Verwaltung des Wohnungseigentumsobjekts ausüben.

Nunmehr regelt § 18 Abs. 1 WEG, dass die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der GdWE obliegt. Die Verwaltungsentscheidungen selbst treffen grundsätzlich die Wohnungseigentümer gemäß § 19 Abs. 1 WEG durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss. Der Verwalter ist im Innenverhältnis berechtigt und verpflichtet, derartige Maßnahmen ohne gesonderten Beschluss zu beauftragen bzw. umzusetzen, wenn diese Maßnahmen nur untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Eigentümer führen (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) oder als Notmaßnahmen einzustufen sind (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG). Die Wohnungseigentümer können den Verwalter nach § 27 Abs. 2 WEG auch ermächtigt haben, weitere Maßnahmen ohne Beschluss zu ergreifen.

Hiernach obliegt die Entscheidungsgewalt, insbesondere was die Durchführung baulicher Maßnahmen betrifft, grundsätzlich der GdWE. Hierüber wird im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung gem. § 19 Abs. 1 WEG (sowie unter Beachtung der für die jeweiligen unterschiedlichen Maßnahmen geltenden weiteren Vorschriften – §§ 19 Abs. 2 Nr. 2 und 20, 21 WEG) durch Mehrheitsbeschluss entschieden.

 
Hinweis

Stellung des Verwalters

Die Kompetenzen des Verwalters als Organ der Gemeinschaft – wenn er nicht nach § 27 WEG aus eigenem Recht bzw. eigener Pflicht handelt – beschränken sich dabei auf die Organisation der Beschlussfassung sowie die Durchführung gefasster Beschlüsse. Mangels abweichender Vereinbarungen (§ 10 WEG) oder Beschlüsse (vgl. § 27 Abs. 2 WEG) kommt dem Verwalter somit grundsätzlich keine Befugnis zur eigenverantwortlichen Veranlassung von ihm als notwendig erkannter oder gar technisch bzw. rechtlich zwingend gebotener Maßnahmen zu.

Die vielfältigen Anforderungen, die an die bautechnische Betreuung selbst kleinerer Wohnungseigentumsanlagen gestellt werden, können von Wohnungseigentümern als Nichtfachleuten realistischerweise weder überblickt noch erfüllt werden. Das WEMoG hat die Stellung des Verwalters gestärkt. Er vertritt im Außenverhältnis die für die Verwaltung zuständige Gemeinschaft/den Verband (§ 9b Abs. 1 WEG). Er kann bis auf Darlehens- und Grundstücksgeschäfte Aufträge wirksam erteilen, selbst wenn er im Innenverhältnis hierzu gar nicht berechtigt wäre.

Wohnungseigentumsverwalter müssen damit leben, dass sie gerade bei Erhaltungsmaßnahmen[1] ständig im Spannungsfeld zweier kaum miteinander zu vereinbarender Extreme agieren müssen, wenn es um bauliche Maßnahmen geht. Dies ist zum einen die Erwartungshaltung der Wohnungseigentümer, dass sich der Verwalter als Dienstleister umfassend sowie unverzüglich um sämtliche Belange der GdWE zu kümmern habe. Zum anderen setzt sich der Verwalter, der es daraufhin mit den ihm durch das WEG gezogenen Grenzen seiner Entscheidungs- und Handlungskompetenz im Innenverhältnis nicht genau genug nimmt, umgehend dem Vorwurf aus, sich selbstherrlich über die autonome Entscheidungsfindung der mündigen Wohnungseigentümer hinweggesetzt zu haben.

[1] Zschieschack in Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 27 Rn. 84 ff.

2.1 Die gesetzliche Aufgabenverteilung

Geht es um die Abwicklung baulicher Maßnahmen im Wohnungseigentum, so ist zunächst zwischen der Kompetenzverteilung und der Frage der Kostentragung zu unterscheiden, denn derjenige, der die Regelungsgewalt innehält, muss nicht mit dem identisch sein, der auch die Kosten der veranlassten Maßnahme im Innenverhältnis der Wohnungseigentümer zu tragen hat. Zudem zerfällt die Regelungskompetenz in 2 getrennte Bereiche, nämlich zum einen in die Entscheidungskompetenz, d. h., die Befugnis im Innenverhältnis der GdWE zu regeln, ob, wann, wie, durch wen und zu welchen Kosten eine bauliche Maßnahme durchgeführt wird, und zum anderen in die Durchführungskompetenz, d. h., die Befugnis, die beschlossenen Maßnahmen im Außenverhältnis umzusetzen.[1]

Nachfolgend werden daher zunächst die gesetzlichen Kompetenz- und Kostentragungsregelungen dargestellt, an denen sich der Verwalter primär zu orientieren hat.

Zu den vielfältig denkbaren und in der Praxis vorkommenden Änderungen (bzw. Änderungsversuchen) des gesetzlichen Kompetenz- und Kostentragungsmodells durch Vereinbarung oder Beschluss siehe nachfolgende Abschnitte.

[1] Vgl. Sommer/Heinemann in Jennißen, WEG, 7. Aufl. 2022, § 19 Rn. 116.

2.1.1 Entscheidungskompetenz

Sondereigentum

Für den ordnungsgemäßen baulichen Zustand des Sondereigentums ist auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung vor dem Hintergrund der §§ 13, 14 Abs. 1 WEG der einzelne Sondereigentümer selbst verantwortlich[1], weshalb es in Bezug auf das Sondereigentum an einer Entscheidungs- und Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer fehlt; sie wird von § 19 Abs. 1 Altern. 1 WEG nicht erfasst.[2] Der Sondereigentümer benötigt für bauliche Veränderungen an seinem ...

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