Rüdiger Fritsch, Dr. Olaf Riecke
Greifen die vorstehend beschriebenen besonderen gesetzlichen Ausnahmeregelungen oder vereinbarte Kompetenzbestimmungen nicht ein, so ist der Verwalter an das von der Rechtsprechung umfassend interpretierte gesetzliche Aufgabenmodell gebunden, wonach die Entscheidungskompetenz der Eigentümerversammlung zukommt.
Dabei wird insbesondere die Regelung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 WEG für das Innenverhältnis relevant. Der Verwalter hat grundsätzlich keine Entscheidungsbefugnis, er ist nicht berechtigt, eigenständig ohne vorherige Beschlussfassung derartige Maßnahmen zu veranlassen.
Dabei enthält § 27 WEG lediglich eine für das Innenverhältnis geltende "interne" Aufgabenzuweisung.
Für das Außenverhältnis, also für die Vertretungsmacht des Verwalters, gilt indes die Bestimmung des § 9b Abs. 1 WEG. Hiernach ist der Verwalter zur Vornahme von Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen grundsätzlich wie ein Geschäftsführer immer berechtigt, nur bei Darlehens- und Grundstücksgeschäften muss er hierzu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt werden.
Aufgaben des Verwalters VOR Beschlussfassung
Die den Verwalter im Rahmen des § 27 WEG treffenden Pflichten sind grundsätzlich auf die Obsorge für die ordnungsmäßige Erhaltung (Instandhaltung und Instandsetzung) des Gemeinschaftseigentums reduziert. Nach herrschender Auffassung im Wohnungseigentumsrecht bedeutet dies, dass es vor einer Ausübung der Entscheidungskompetenz der Gemeinschaft lediglich zu den Aufgaben des Verwalters gehört,
Nach Auffassung der Rechtsprechung obliegen somit dem Verwalter bereits im Vorfeld umfassende gesetzliche Handlungspflichten, die er auch ohne besondere verwaltervertragliche Regelung oder Beschlussfassung zu erfüllen hat.
Überwachungspflicht
Die Überwachungspflicht setzt voraus, dass der Verwalter regelmäßig Begehungen und Kontrollen der Anlage vornimmt, um entsprechende Feststellungen treffen zu können. Eine persönliche Kontrollpflicht kann jedoch nur insoweit angenommen werden, als dem Verwalter diese zumutbar und er in der Lage ist, die Notwendigkeit von Erhaltungsmaßnahmen selbst zu erkennen. Die Häufigkeit und Intensität der Kontrollen beurteilt sich nach pflichtgemäßem Ermessen. Abzustellen ist auf das Alter der Anlage, deren Pflege- und Erhaltungszustand sowie die Kompliziertheit bzw. Störanfälligkeit der Anlagen und Einrichtungen. Zu berücksichtigen ist auch, inwieweit bereits externe Wartungsverträge bestehen. Der regelmäßige Turnus dürfte 1 Jahr betragen, in Sonderfällen auch kürzer (1/2-jährlich).
Intensive Kontrolle nach Unwetter
Die Kontrollen sind entsprechend intensiver wahrzunehmen, wenn Schäden oder Erhaltungs- bzw. Instandsetzungsnotwendigkeiten angezeigt oder sonst bekannt werden. Gerade nach Unwettern oder ähnlich schadensgeneigten Ereignissen besteht das Bedürfnis, das Grundstück (z. B. Baumbestand) bzw. Gebäudebauteile (z. B. Dacheindeckung) auf mögliche Schäden zu untersuchen.
Reicht die fachtechnische Kompetenz nicht aus, hat der Verwalter die Eigentümer hierauf rechtzeitig hinzuweisen und zu empfehlen, einen Sonderfachmann einzuschalten.
Bei Störungen oder Mängeln sind rechtzeitige Aushänge, Rundschreiben, Warnungen, Verhaltens- und Verbotshinweise dringend geboten.
Mit Blick auf die Verkehrssicherungspflicht sowie die Haftung des Gebäudeunterhaltungspflichtigen sollte der Verwalter Nachweise über die Durchführung seiner Kontrollen führen, um sich ggf. entlasten zu können.
Ursachenklärung
Schäden im Gemeinschafts- und Sondereigentum
Die Überwachungs- und Hinweispflicht ist nicht notwendigerweise auf das Gemeinschaftseigentum begrenzt. Die Verpflichtung des Verwalters zur Ermittlung des Erhaltungs- bzw. Instandsetzungsbedarfs betrifft auch solche Schäden, deren Auswirkungen zwar im Sondereigentum auftreten, deren Ursachen aber im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums liegen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn nicht feststeht, was Ursache der Schäden ist bzw. solange eine Schadensursache im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Wenn die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung zu den Sondernutzungsrechten jeweils die Verkehrssicherungspflicht und die Erhaltungspflichten zulasten der jeweiligen Inhaber eines "persönlichen" (alleinigen) Sondernutzungsrechts regelt, haben diese auch die Kosten der Fällung eines morschen Baumes zu tragen. Den WEG-Verwalter treffen insoweit Kontroll- und Hinweispflichten.
Umfassende Prüfung und Information
Die Überwachungs- und Hinweispflicht des Verwalters erschöpft sich zudem nicht in der Feststellung des Erhaltungs- bzw. Instandsetzungsbedarfs, sondern umfasst...