Mit dem bereits erwähnten 4. UmwÄndG hat der deutsche Gesetzgeber mit Wirkung zum 01.01.2019 in § 122 m UmwG eine Übergangsvorschrift geschaffen, nach welcher vor dem Brexit begonnene grenzüberschreitende Verschmelzungen auch nach dem Brexit noch finalisiert werden dürfen, jedenfalls aus deutscher Sicht. Voraussetzung ist, dass der Verschmelzungsplan vor dem Ablauf des Übergangszeitraums notariell beurkundet und die Verschmelzung unverzüglich, spätestens aber zwei Jahre nach diesem Zeitpunkt, also spätestens bis zum 31.12.2022, mit den erforderlichen Unterlagen zur Eintragung im Handelsregister angemeldet wird. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, die Regelung trage v. a. dem Umstand Rechnung, dass es sich bei einer Verschmelzung um einen mehraktigen Prozess handele, der einen erheblichen Zeitaufwand erfordern könne (Regierungsentwurf zum 4. UmwÄndG, BT-Drs. 19/5463). In der Tat müssen für die Umsetzung grenzüberschreitender Verschmelzungen zwischen drei und sechs Monate eingeplant werden. Wenn ein Beteiligungsverfahren nach dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung (MgVG) einzuleiten ist, dauert es sogar noch länger.
Gleichwohl wird die Regelung in der Literatur vielfach kritisiert (Schmidt, ZIP 2019, 1093 m. w. N.). Denn eine auf § 122 m UmwG gestützte Verschmelzung kann nur dann weiter durchgeführt und finalisiert werden, wenn auch der britische High Court dies zulässt, insbesondere auch nach dem Ablauf des Übergangszeitraums noch Verschmelzungsbescheinigungen ausstellt. Nach telefonischer Auskunft des High Court hatte dieser jedenfalls Ende August 2019 noch Verfahren bzw. Anträge zu grenzüberschreitenden Verschmelzungen angenommen, wohl wissend, dass jedenfalls bis Ende Oktober 2019 realistischerweise keine dann erst begonnene Verschmelzung noch wirksam hätte abgeschlossen werden können. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der High Court einmal begonnene Verschmelzungen auch nach dem Brexit noch zu Ende geführt hätte. Im Gegenteil: Mit den sog. "Companies, Limited Liability Partnerships and Partnerships (Amendment etc.) (EU Exit) Regulations 2019" hatte die britische Regierung im Frühjahr 2019 mit Wirkung zum "exit day" u. a. die CCBMR wieder aus dem britischen Recht gestrichen und damit alle begonnenen grenzüberschreitenden Verschmelzungen am Tag des Brexits "auf Eis gelegt". Mit dem "European Union (Withdrawal Agreement) Act 2020" wurde auch dieser Zeitpunkt verschoben auf den Ablauf des Übergangszeitraums. Damit wird § 122 m UmwG in der Praxis wohl keine Relevanz haben, weil insbesondere auf britischer Seite mit dem Ablauf des Übergangszeitraums keine begonnenen Verfahren weiter betrieben werden. Die britische Regierung wies schon sehr früh auf ihrer Website darauf hin, dass alle grenzüberschreitenden Verschmelzungen bis zum Brexit bzw. später bis zum Ablauf des Übergangszeitraums abgeschlossen und registriert sein mussten.
Es gibt in der juristischen Literatur zwar Stimmen, wonach die Übergangsvorschrift des § 122 m UmwG so zu verstehen sei, dass sich das deutsche Registergericht ggf. über das Erfordernis einer Verschmelzungsbescheinigung aus dem VK hinwegsetzen dürfe. Allerdings wird man diese und in dieselbe Richtung zielende Meinungen als außerhalb der zulässigen Rechtsfortbildung verorten müssen (Nachweise bei Luy, DNotZ 2019, 484, der diesen Meinungen "entschieden" widerspricht).
Praxishinweis
Soweit bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zwischen Deutschland und dem VK, egal in welche Richtung, noch vor dem 01.01.2021 der Verschmelzungsplan beurkundet worden ist, die Verschmelzung aber bis dahin nicht wirksam geworden ist, sollte man nicht darauf vertrauen, dass diese über § 122 m UmwG noch abgeschlossen werden kann, sondern stattdessen über Alternativstrukturierungen nachdenken (vgl. z. B. Abschnitt 4.1.6 und 4.1.7).