Unberührt bleibt zudem die Möglichkeit für Kapitalgesellschaften in beiden Ländern, ihren Verwaltungssitz in das jeweils andere Land zu verlegen bzw. dort zu belassen (s. zu den Konsequenzen u. a. Abschnitt 2). Nicht abschließend geklärt ist, welche registerrechtlichen Pflichten bzw. Konsequenzen sich in Deutschland für Unternehmen ergeben, die mit einer im VK gegründeten Limited agieren, welche ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat. Wie unter Abschnitt 3.1 beschrieben, muss eine solche Limited in Deutschland eine eingetragene Zweigniederlassung haben.
Vor dem Hintergrund, dass die Limited in Deutschland aus rechtlicher Sicht nicht mehr als Kapitalgesellschaft anzuerkennen ist (s. dazu die Ausführungen unter Abschnitt 2.2.1.1), wird vertreten, dass dies im Handelsregister anzumelden und einzutragen sei. Zum Teil wird vertreten, dass der Eintrag der Zweigniederlassung unverändert zu bleiben habe und zusätzlich im deutschen Handelsregister, soweit einschlägig, eine OHG anzumelden und einzutragen sei (Wachter, Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2016, 189). Andere Autoren sind der Meinung, dass der Handelsregistereintrag der Zweigniederlassung selbst zu korrigieren sei und zwar dergestalt, dass die Rechtsform der Hauptniederlassung infolge des Brexits von einer Limited in eine OHG gewechselt habe (Luy, DNotZ 2019, 484). Bei künftiger Anerkennung der Limited nur noch als GbR oder wenn die Limited nur einen Gesellschafter hat, müsse deshalb die Zweigniederlassung im Handelsregister gelöscht werden (Luy, DNotZ 2019, 484).
Praxishinweis
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Registerpraxis entwickelt. Die Registergerichte hinterfragen oft nicht, wo sich der Verwaltungssitz einer ausländischen Gesellschaft befindet. Es gibt in Deutschland zahlreiche eingetragene Zweigniederlassungen von in Drittstaaten, insbesondere in der Schweiz, gegründeten Kapitalgesellschaften. Es sind, soweit ersichtlich, keine Fälle bekannt, in denen es einer Schweizer Kapitalgesellschaft verwehrt wurde, eine Zweigniederlassung in Deutschland eintragen zu lassen, jedenfalls dann nicht, wenn in Deutschland tatsächlich eine Tätigkeit ausgeübt wird, die die Anforderungen an eine Zweigniederlassung nach §§ 13 ff. HGB erfüllt. Gleichwohl ist nicht ausgeschlossen, dass die im Handelsregister eingetragenen Zweigniederlassungen britischer Limiteds bewusst daraufhin angesprochen werden und darlegen müssen, wo sich ihr Verwaltungssitz befindet, was dann je nach der weiteren Entwicklung der Registerpraxis zu Veränderungen im Handelsregistereintrag führen kann.
Ein weiterer, nicht abschließend geklärter Aspekt ist die Frage nach der persönlichen Haftung. Streitig ist insbesondere, ob der Wegfall der Haftungsbeschränkung (s. dazu Abschnitt 2.2.1.1) nur für Neuverbindlichkeiten gilt, die nach dem Brexit bzw. nach dem Ablauf des Übergangszeitraums entstehen, oder auch für Altverbindlichkeiten. Bei Anwendung der allgemeinen Grundsätze zur Haftung im deutschen Personengesellschaftsrecht würde sich eine akzessorische, persönliche und unbeschränkte Haftung für die Gesellschafter auch für Altverbindlichkeiten ergeben (Jaschinski/Wentz, WM 2019, 438). In der Literatur werden zum Teil Argumente und Möglichkeiten gesucht, eine solche Haftung für Altverbindlichkeiten abzuwenden (Nazari-Khanachayi, WM 2017, 2370).
Praxishinweis
Diese Haftungsrisiken können im Einzelfall ein wichtiges Argument dafür sein, eine britische Limited mit Verwaltungssitz in Deutschland möglichst rasch umzustrukturieren.