2.3.1 UK-Betriebsstätten

Nach der bisherigen EuGH-Rechtsprechung (Marks & Spencer, EuGH vom 13.12.2005, C-446/03, DStR 2005, 2168; zuletzt EuGH vom 19.06.2019, C-607/17, DStR 2019, 1349, Memira Holding, sowie C-608/17, DStR 2019, 1345, Holmen und die Vorlage des BFH in I R 32/18, BStBl II 2021, 68, Az. beim EuGH: C-538/20, Finanzamt B vs. W AG) kann unter sehr engen "Finalitäts"-Voraussetzungen eine grenzüberschreitende Nutzung von Verlusten im Rahmen der Niederlassungsfreiheit geboten sein (a. A. unter Verweis auf das Prinzip der Kongruenz der Steuerwirksamkeit von Gewinnen und Verlusten, sog. Symmetriethese, Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, § 5 Rz. 90). Von einer Darstellung der wechselhaften Rechtsprechung und der jeweiligen Reaktion der deutschen Finanzrechtsprechung sehen wir an dieser Stelle ab. Nach dem Ablauf des Übergangszeitraums kann sich eine deutsche Muttergesellschaft bzw. ein deutsches "Stammhaus" im Hinblick auf die Behandlung ihrer britischen Betriebsstätte nicht mehr auf die auf das Gebiet der EU-Mitgliedstaaten beschränkte Niederlassungsfreiheit berufen. Damit entfällt insoweit auch im Grundsatz die Möglichkeit einer auf die Niederlassungsfreiheit gestützten ausnahmsweise finalen Verlustnutzung. Das Diskriminierungsverbot des Art. 25 DBA-UK führt u. E. zu keinem anderen Ergebnis. Für Fälle, in denen die fraglichen Verluste noch vor dem Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2020 entstanden sind, erscheint es immerhin denkbar, dass diese unter Berücksichtigung der Niederlassungsfreiheit "nachwirkend" im Einzelfall auch noch 2021 mit inländischen positiven Einkünften verrechenbar sein könnten, soweit die übrigen Voraussetzungen einer finalen Verlustnutzung nach der genannten Rechtsprechung vorliegen. Problematisch könnte jedoch sein, wenn das "Finalitätsjahr" nach Ende des Übergangszeitraums liegt.

Bei einer UK-Betriebsstätte eines inländischen Unternehmens entstandene Verluste unterliegen künftig, soweit nicht ohnehin aufgrund der Freistellungsmethode des Art. 23 Abs. 1 DBA-UK für eine grenzüberschreitende Nutzung gesperrt (sog. Symmetriethese), den Beschränkungen des § 2a EStG. Danach dürfen derartige nicht freigestellte Verluste aus Drittländern, einschließlich Drittlands-Betriebsstätten, im Grundsatz nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus demselben Staat ausgeglichen werden (§ 2a Abs. 1 Satz 1 EStG).

Eine Ausnahme gilt indes gem. § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG für bestimmte Verluste aus gewerblichen Drittlandsbetriebsstätten, bei denen der inländische Steuerpflichtige nachweist, dass die Betriebsstätte ausschließlich bestimmte, qualifizierte operative Tätigkeiten zum Gegenstand hat (vgl. dazu auch Wagner in Blümich, § 2a EStG, Rz. 131, 140, 150).

Gleiches gilt im Grundsatz auch für Mitunternehmerbetriebsstätten, die entweder durch eine inländische Mitunternehmerschaft in Großbritannien oder über eine ausländische Mitunternehmerschaft in Großbritannien betrieben werden.

2.3.2 UK-Tochtergesellschaften

2.3.2.1 Verluste der UK-Tochtergesellschaft

Im Hinblick auf UK-Tochterkapitalgesellschaften, deren Muttergesellschaft in Deutschland ansässig ist, kam eine laufende Verlustnutzung vor dem Brexit theoretisch allenfalls im Rahmen einer Organschaft in Betracht, die allerdings aufgrund des Erfordernisses eines Gewinnabführungsvertrags problematisch ist. Diese theoretische Möglichkeit entfällt grundsätzlich nach dem Brexit (s. unter 2.2.1).

Darüber hinaus kann bei Vorliegen der Finalitätsvoraussetzungen in entsprechender Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze zu Verschmelzungs- bzw. Liquidationsfällen (s. die unter 1.3.1. genannten EuGH-Entscheidungen vom 19.06.2019 Memira Holding bzw. Holmen) im Hinblick auf Verluste, die noch vor Ablauf des Brexit-Übergangszeitraums bis Ende 2020 entstanden sind, eine inländische Nutzung in Betracht gezogen werden. Liegt das Finalitätsjahr hingegen erst nach dem Brexit, könnte eine Verlustnutzung aufgrund der vorrangigen Anwendung der Niederlassungsfreiheit problematisch sein.

2.3.2.2 Mit der Beteiligung in Zusammenhang stehende Verluste

2.3.2.2.1 Beteiligungsverluste

Den Verlusten der Tochtergesellschaften entsprechende Beteiligungsveräußerungsverluste oder Verluste aus steuerbilanziell wirksam vorgenommenen Teilwertabschreibungen sind bei der deutschen Muttergesellschaft nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG im Inland steuerlich nicht abzugsfähig.

 
Hinweis

Praxishinweis

Im Zweifel sollte von dem steuerlichen Wahlrecht gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG Gebrauch gemacht werden, eine handelsrechtliche Teilwertabschreibung muss steuerlich nicht zwingend nachvollzogen werden. Dabei ist ggf. die gesonderte Aufzeichnungspflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG zu beachten.

2.3.2.2.2 Gesellschafterdarlehen und Transaktionen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs

Gleiches gilt – vereinfacht – gem. § 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG auch für Aufwand aus (wertgeminderten) Gesellschafterdarlehen, es sei denn, die Muttergesellschaft weist nach, dass auch ein fremder Dritter das Darlehen gewährt und nicht zurückgefordert hätte.

Inländische Verluste aus laufenden Geschäften aus Lieferungen und Leistungen mit UK sind demgegenüber bei betrieblicher Veranlassung grundsätzlich unverändert abzugsfähig. Dazu können auch Währungskursverluste aus operativen Geschä...

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