Für deutsche Unternehmen mit Tochtergesellschaften in Großbritannien wird auch die EuGH-Rechtsprechung, so z. B. das – nicht unumstrittene – Hornbach-Urteil des EuGH vom 31.05.2018 (C-382/16, DStR 2018, 1221, Hornbach-Baumarkt) nicht mehr ohne Weiteres anwendbar sein. Der EuGH entschied, dass eine steuerliche Ergebniskorrektur nach § 1 AStG beim inländischen Steuerpflichtigen unzulässig sei, soweit sie dem Steuerpflichtigen keine Möglichkeit einräume, sachbezogene wirtschaftliche Gründe für das Abweichen vom Fremdvergleichsgrundsatz vorzubringen und nachzuweisen. Diese wirtschaftlichen Gründe können nach Ansicht des EuGH auch gesellschaftsrechtlich veranlasst sein.

Durch das dazu ergangene BMF-Schreiben wurde dieser Ausnahmefall, in dem der Steuerpflichtige möglicherweise Intercompany-Bedingungen vereinbaren kann, die vom Fremdvergleichsgrundsatz abweichen, sofern er dafür gewichtige wirtschaftliche Gründe darlegen kann, näher konkretisiert und auf den Sanierungsfall bezogen (BMF vom 06.12.2018, IV B 5 – S 1341/11/10004-09, 2018/0985275, BStBl I 2018, 1305, insgesamt zum Hornbach-Urteil, den Hintergründen und Entwicklungen, Krüger, DStR 2019, 649; Kraft, Ubg 2019, 605; Kahlenberg, IStR 2019, 335; Gebhardt, Ubg 2018, 410 ff.). Eine Ausdehnung über den Bereich der Niederlassungsfreiheit hinaus auf Drittstaatenfälle lehnt das BMF ausdrücklich ab; es kann jedoch an der Richtigkeit dieser Rechtsauffassung gezweifelt werden.

Zu den Prüfungsmaßstäben in Fällen der Konzernfinanzierung liegt inzwischen eine Reihe weiterer neuer BFH-Entscheidungen aus dem Jahr 2019 vor. Das BMF plante zudem, durch weitgehende gesetzliche Regelungen einzugreifen und damit diese neue BFH-Rechtsprechung teilweise hinfällig zu machen. Damit verbunden war das Ziel, den Fremdvergleichsgrundsatz regulatorisch in diesem Bereich einzuschränken und die Beweislast teilweise von der Finanzverwaltung auf den Steuerpflichtigen zu verlagern. Dies könnte sich grundsätzlich auch auf die Finanzierung von Outbound-Investitionen nach Großbritannien auswirken, auch wenn eine Konzernfinanzierung aus Deutschland direkt nach Großbritannien aufgrund des bestehenden Steuersatzgefälles zwischen Deutschland (inzwischen wieder Hochsteuerland) und dem VK (auch nach angekündigter Steuersatzerhöhung immer noch deutlich niedrigere Steuersätze) nicht der Regelfall sein dürfte. Allerdings enthält das ATADUmsG vom 25.06.2021 diese Vorschläge nicht mehr. Das AbzStEntModG konkretisiert in § 1a AStG n. F. lediglich für bestimmte Geschäftsbeziehungen, deren Gegenstand wesentliche immaterielle Werte oder Vorteile sind, eine Preisanpassungsklausel.

Zuletzt hat das BVerfG allerdings mit Beschluss vom 04.03.2021 (BvR 1161/19, DStR 2021, 777) einer Verfassungsbeschwerde gegen das Leiturteil des BFH vom 27.02.2019, I R 73/16 (BStBl 2019, 394), in dem es um die Anwendung von § 1 AStG auf die Teilwertabschreibung an einer (unbesicherten) Darlehensforderung gegen eine ausländische Tochtergesellschaft ging, stattgegeben und die Sache an den BFH zurückverwiesen, weil der BFH nicht hinreichend begründet hatte, warum die EU-Rechtslage hinreichend geklärt sei, sodass keine EuGH-Vorlage vorzunehmen gewesen sei. Die materiellrechtliche Frage eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz aufgrund eines möglicherweise unzutreffenden Fremdvergleichs ließ das BVerfG dabei ausdrücklich offen. Es ist daher denkbar, dass der BFH im weiteren Verfahrensgang nun die EU-rechtliche Fragestellung doch noch dem EuGH im Vorabentscheidungsverfahren vorlegen wird.

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