Christof K. Letzgus, Dr. Ronald Gebhardt
Eine Personengesellschaft kann gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auch durch ausländische Kapitalgesellschaften gewerblich geprägt werden (BFH vom 14.03.2007 – XI R 15/05, BStBl II 2007, 924 ff.). Dementsprechend konnte bislang eine Kommanditgesellschaft durch die Beteiligung einer Limited als einziger Komplementärin gewerblich geprägt werden. Sofern die gewerbliche Prägung einer deutschen Kommanditgesellschaft bislang durch die Komplementärstellung einer britischen Limited mit inländischem Verwaltungssitz erfolgte, könnte sich eine Brexit-bedingte Entprägung der Personengesellschaft ergeben.
Während die Limited mit deutschem Verwaltungssitz im VK als solche fortbesteht, wird sie nach dem Brexit bzw. nach Ablauf des Übergangszeitraums in Deutschland gesellschaftsrechtlich nicht mehr als Kapitalgesellschaft anerkannt, sondern entweder als offene Handelsgesellschaft – falls sie ein Handelsgewerbe betreiben sollte –, andernfalls als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder – sofern sie nur einen Gesellschafter haben sollte – regelmäßig als Einzelkaufmann behandelt, sofern es nicht zu einer Brexit-bedingten Anwachsung kommt (s. Teil B, Gesellschaftsrecht).
Ist die Limited nach deutschem Rechtsverständnis nicht mehr als Kapitalgesellschaft anzusehen, ist fraglich, ob damit die gewerbliche Prägung i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG entfällt. Dieser Fall ist vom Brexit-StBG nicht erfasst. Durch die Vorschrift des § 12 Abs. 4 KStG, die durch das Brexit-StBG in das KStG eingefügt worden ist, wird lediglich die ungeachtet des Brexits fortbestehende Eigenschaft der Limited als Körperschaftsteuer-Subjekt klargestellt. Daran dürfte auch der durch das StAbwG vom 25.06.2021 an die Stelle von § 12 Abs. 4 KStG getretene § 8 Abs. 1 Satz 4 KStG n. F. nichts ändern. Davon zu trennen ist jedoch die zivilrechtliche Qualifikation als Kapitalgesellschaft (Höreth/Stelzer, DStZ 2019, 367, 371; Bron, BB 2019, 664, 666 f.).
Die Vorschrift des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG stellt nach ihrem eindeutigen Wortlaut darauf ab, ob die persönlich haftenden und geschäftsführenden Gesellschafter einer nicht originär gewerblich tätigen Personengesellschaft ausschließlich aus Kapitalgesellschaften bestehen.
Da die Rechtsprechung des BFH auch bezüglich der geforderten Eigenschaft als Kapitalgesellschaft wohl nicht auf die zivilrechtliche Sichtweise des Inlands abstellt, sondern auf den rechtlichen Aufbau und die wirtschaftliche Gestaltung im Ausland, könnte argumentiert werden, dass insoweit auf eine (am Rechtstypenvergleich i. S. v. § 1 Abs. 1 KStG orientierte) wirtschaftliche Betrachtung abzustellen ist (Höreth/Stelzer, DStZ 2019, 367, 371; Bron, BB 2019, 664, 667; BFH vom 14.03.2007, XI R 15/05, BStBl II 2007, 924 ff.).
Einige betroffene Gesellschaften haben möglicherweise Ende 2020 geprüft, ob sie ggf. die Rechtsform des Komplementärs im Interesse der Rechtssicherheit (noch vor Ablauf des Übergangszeitraums) ändern. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Gewerblichkeitsfiktion des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG nach der neueren BFH-Rechtsprechung abkommensrechtlich nicht durchschlägt. Das heißt, sie führt grundsätzlich nicht dazu, dass dem in einem Abkommensstaat ansässigen Gesellschafter einer in einem anderen Abkommensstaat vermögensverwaltend tätigen, i. S. v. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägten Personengesellschaft fiktive Betriebsstätteneinkünfte nach einem dem Art. 7 OECD-MA entsprechenden Abkommen zuzurechnen wären. Vielmehr greift diese Verteilungsnorm im Grundsatz nur für originär unternehmerische bzw. gewerbliche Einkünfte.
Die nicht gewerblichen Einkünfte sind daher dem jeweiligen Verteilungsartikel des anzuwendenden Abkommens zuzuordnen (vgl. Art. 7 Abs. 7 DBA-UK). Die im Wesentlichen zu Outbound-Fällen ergangene bisherige BFH-Rechtsprechung (grundlegend BFH vom 28.04.2010, I R 81/09, BStBl II 2014, 754, sowie, mit ähnlicher Argumentation für die rein national wirkende Gewerblichkeitsfiktion über das von der Rechtsprechung entwickelte Konstrukt der Betriebsaufspaltung, BFH vom 25.05.2011, I R 95/10, BStBl II 2014, 760; von der Finanzverwaltung in das revidierte BMF-Schreiben zur Anwendung der DBA auf Personengesellschaften vom 26.09.2014, BStBl I 2014, 1258 übernommen) findet u. E. spiegelbildlich ebenso für Inbound-Strukturen Anwendung.