Christof K. Letzgus, Dr. Ronald Gebhardt
3.2.1 Auswirkungen auf bestehende und künftige Organschaften
3.2.1.1 Persönliche Voraussetzungen des Organträgers
Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Alt. 2 KStG kommen als Organträger alle nicht steuerbefreiten Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen und damit u. a. auch Körperschaften ausländischen Rechts in Betracht. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Staat sie ihren Sitz und/oder ihre Geschäftsleitung haben (Brink in Schnitger/Fehrenbacher, § 14 KStG Rz. 82, 258a; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 14 KStG, Rn. 119).
Das Erfordernis einer unbeschränkten oder zumindest beschränkten Steuerpflicht ergibt sich aus den weiteren Organschaftsvoraussetzungen, nach denen der Organträger ein gewerbliches Unternehmen betreiben (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG) und für sein Unternehmen im Inland eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO unterhalten muss, der die Organbeteiligung oder – bei mittelbarer Organschaft – die Beteiligung an der vermittelnden Gesellschaft zuzuordnen ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG). Durch diese Anforderungen soll sichergestellt werden, dass im Falle einer gewerbesteuerlichen Organschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG der durch die Organgesellschaft erzielte Gewerbeertrag, der dem Organträger nach dieser Vorschrift als Betriebsstätteneinkünfte zugerechnet wird, auch der inländischen Gewerbesteuer unterliegt (vgl. dazu das – umstrittene – Urteil des BFH vom 09.02.2011, I R 54, 55/10, BStBl II 2012, 106, das bei der Finanzverwaltung seinerzeit auf vehemente Ablehnung stieß und den Gesetzgeber zu der Einführung der komplexen Regelung zur Betriebsstättenanbindung in § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG veranlasste).
Einer britischen Gesellschaft sollte es als herrschendem Unternehmen grundsätzlich auch zivilrechtlich möglich sein, einen Gewinnabführungsvertrag zu schließen, der deutschem Recht unterliegt.
Für beherrschte inländische Unternehmen, die nicht durch das AktG geregelt sind (vgl. dazu auch § 17 KStG), werden die Vorschriften der §§ 291 ff. AktG über Unternehmensverträge weitgehend analog angewendet, soweit nicht die Rechtsformunterschiede eine unterschiedliche Behandlung erfordern (vgl. Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 291 AktG Rz. 66). Als Wirksamkeitserfordernis sieht § 294 Abs. 2 AktG die Eintragung des Gewinnabführungsvertrags in das Handelsregister des Sitzes der Organgesellschaft vor. In der Inbound-Konstellation ist daher eine Organschaft vorstellbar, da die Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrags als Unternehmensvertrag nach § 294 Abs. 2 AktG nur von der Eintragung in das Handelsregister des Sitzes der deutschen Organgesellschaft abhängt.
Für die Zustimmungserfordernisse aufseiten der britischen Gesellschaft als herrschendem Unternehmen und steuerlichem Organträger ist – insoweit abweichend von § 293 Abs. 2 AktG – auf britisches Recht abzustellen (Brink a. a. O., § 14 KStG Rz. 274 m. w. N.).
Da die Wirksamkeit des Gewinnabführungsvertrags nur von der Eintragung in das deutsche Handelsregister der deutschen Organgesellschaft abhängt, sollten sich durch den Brexit keine unmittelbaren Auswirkungen für Organschaften einer inländischen Organgesellschaft mit einem (im Inland lediglich beschränkt steuerpflichtigen) britischen Organträger ergeben, der zwar nicht Sitz und/oder Geschäftsleitung in Deutschland hat, aber die übrigen Voraussetzungen der Organschaft erfüllt.
Dies gilt insbesondere auch für die Fälle, in denen Organträger eine britische Limited mit einer deutschen Geschäftsleitung ist. Gemäß § 12 Abs. 4 KStG i. d. F. des Brexit-StBG, der durch das StAbwG der Sache nach in einen neuen § 8 Abs. 1 Satz 4 KStG überführt wurde, bleiben diese Gesellschaften Subjekt der Körperschaftsteuer, das selbst körperschaftsteuerpflichtige Einkünfte erzielen kann (BT-Drs. 19/7959, Seite 35). Unseres Erachtens gilt diese Einordnung auch für Zwecke des § 14 KStG.
Da die Organschaftsvoraussetzungen auch im Übrigen nicht danach unterscheiden, ob sich der Sitz und/oder die Geschäftsleitung des Organträgers im EU-Ausland, in einem EWR-Staat oder in einem Drittstaat befinden, sollten sich durch den Brexit allein keine Auswirkungen auf den Bestand oder die künftige Begründung von Organschaften ergeben, sofern die übrigen Voraussetzungen – wie etwa ggf. das Erfordernis einer deutschen Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 KStG – vorliegen.
Auch in Fällen, in denen eine Personengesellschaft als Organträger fungiert, die als solche gewerblich tätig sein muss (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG), ist nicht erkennbar, dass der Brexit sich unmittelbar auf den Bestand der Organschaft oder im Hinblick auf künftige Organschaften auswirken sollte.
In beiden Fällen ist besonderes Augenmerk auf die Dokumentation der Zurechnung der Beteiligung an der Organgesellschaft zu einer inländischen Betriebsstätte des (nicht im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen) Organträgers zu legen. Ist dieser ausschließlich in Deutschland tätig und besteht sein Vermögen lediglich aus der Beteiligung an der inländischen Organgesellschaft, sollte dies regelmäßig jedoch unprob...