Aleksandra Amedov, Stephanie Tigges
2.1 Die Regelungen des Doppelbesteuerungsabkommens – wichtige Grundsätze für international tätige Arbeitnehmer
Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem VK (DBA-UK) gilt auch nach dem Ende des Übergangszeitraums zum 31.12.2020 uneingeschränkt weiter, da die Anwendbarkeit des DBA als völkerrechtlicher Vertrag nicht davon abhängt, ob das VK Mitglied der EU ist oder nicht. Somit bleiben insbesondere die Regelungen zur Bestimmung der Ansässigkeit, zum Besteuerungsrecht für einzelne Einkunftsarten und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung uneingeschränkt anwendbar.
2.1.1 Die Ansässigkeit nach dem Doppelbesteuerungsabkommen
Das DBA-UK ist grundsätzlich auf alle Personen anzuwenden, die in Deutschland oder im VK oder in beiden Staaten nach eben diesem DBA-UK ansässig sind. Hierunter fallen also nicht nur Personen, die aufgrund des Brexits ihren Wohnsitz und Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlagerten, sondern auch die Arbeitnehmer, die z. B. trotz einer Stellenverlagerung von Großbritannien nach Deutschland ihren Lebensmittelpunkt in Großbritannien beibehielten und in Deutschland lediglich an einzelnen Tagen tätig sind. Auch in diesem Fall sind die Vorschriften des DBA-UK zusätzlich zum nationalen Einkommensteuerrecht mit seinen Vorschriften für beschränkt Steuerpflichtige anzuwenden.
Sofern eine Person in beiden Staaten nach nationalem Recht der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, kann über die Zuweisung des Besteuerungsrechts und eine Vermeidung der Doppelbesteuerung erst entschieden werden, wenn die Ansässigkeit eines Steuerpflichtigen einem der beiden Staaten zugeordnet wurde. Das DBA-UK enthält dazu in Art. 4 Abs. 2 die einzelnen Prüfungsschritte. Zu beachten ist jedoch dabei, dass der abkommensrechtliche Begriff nicht dem im deutschen Recht verwendeten Begriff der unbeschränkten Steuerpflicht entspricht. Auch wenn eine Person aufgrund nationaler Regelungen sowohl in Deutschland als auch im VK der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, kann sie nur in einem der beiden Vertragsstaaten nach DBA ansässig sein. Somit qualifiziert einer der beiden Staaten in der Folge als Ansässigkeitsstaat, während der andere Staat als Quellenstaat zu betrachten ist.
Im Sinne des Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Ortes der Gründung ihres Unternehmens oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Ist eine Person in diesem Sinne in beiden Staaten aufgrund nationalen Rechts ansässig, gilt für die Prüfung der Ansässigkeit nach DBA folgende Reihenfolge:
- ständige Wohnstätte,
- Mittelpunkt der Lebensinteressen,
- gewöhnlicher Aufenthalt,
- Staatsangehörigkeit,
- gegenseitiges Einvernehmen der Behörden.
Tatsächlich können die meisten Fälle einvernehmlich im Rahmen des zweiten Prüfungspunktes, der Frage nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen, geklärt werden. Sollte also ein Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit in Deutschland nach deutschem Steuerrecht aufgrund seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes unbeschränkt steuerpflichtig werden und daneben ebenso nach britischem Recht der unbeschränkten Steuerpflicht im VK unterliegen, ist entscheidend, wo er seinen Lebensmittelpunkt, also die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, hat. Bei der Prüfung ist nach objektiven Merkmalen zu entscheiden, auch wenn es einem Steuerpflichtigen unbenommen bleibt, seine persönlichen Verhältnisse so einzurichten, dass sich daraus der gewünschte Mittelpunkt der Lebensinteressen ergibt. Eine Verlagerung des Lebensmittelpunktes führt dann auch zur Verlagerung der Ansässigkeit nach Art. 4 Abs. 2 DBA-UK.
Betrachtet man den Begriff der persönlichen Beziehungen näher, so beinhaltet dieser, neben der herausragenden familiären Bindung, auch die gesellschaftliche und kulturelle Bindung. Gleichwohl wird bei der Prüfung keine feste Rangfolge dieser Merkmale vorgegeben. Bei Prüfung der wirtschaftlichen Beziehungen ist insbesondere die Frage nach den regelmäßigen Einnahmequellen, Vermögensgegenständen und örtlichen Tätigkeiten zu stellen. Auch hier kann nur nach den Verhältnissen im Einzelfall und ohne feste, vorgegebene Rangfolge beurteilt werden. Ob nun die persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen entscheidend für die Bestimmung der Ansässigkeit nach dem DBA sind, ist nicht abschließend geklärt. Der BFH lehnt es ab, eine allgemeine Rangfolge vorzugeben, was u. a. auch dem gesellschaftlichen Wandel geschuldet ist. In den meisten Fällen jedoch wird in der Beratungspraxis den persönlichen Beziehungen die größere Bedeutung beigemessen.