4.6.1 Zusammenfassende Meldung
Sobald sich mit Vollzug des Austritts der umsatzsteuerliche Status des VK von dem eines Mitgliedstaats der EU zu dem eines Drittlands geändert hat, entfällt für Warenlieferungen nach Großbritannien die Meldepflicht in der Zusammenfassenden Meldung. Da die Meldepflicht auf den innergemeinschaftlichen Warenverkehr beschränkt ist und nicht für Ausfuhrlieferungen gilt, sind entsprechende Umsätze dann nicht mehr melderelevant.
Dies gilt auch dann, wenn ein Unternehmer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EU bei einem deutschen Unternehmen Ware bestellt und diese direkt nach Großbritannien liefern lässt. Da die entsprechende Lieferung niemals eine innergemeinschaftliche Lieferung sein kann, entfällt die Meldepflicht.
Wenn dagegen ein britischer Unternehmer bei einem deutschen Unternehmen Ware kauft und diese grenzüberschreitend an einen anderen Mitgliedstaat der EU liefern lässt, besteht die Meldepflicht weiterhin, weil es sich beim fraglichen Vorgang grundsätzlich um eine innergemeinschaftliche Warenlieferung handelt. Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt, muss der britische Unternehmer allerdings als Teil der Nachweisführung eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer aus einem anderen Mitgliedstaat der EU zur Verfügung stellen. Seine britische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist nach Vollzug des Austritts kein taugliches Merkmal.
Gibt der Unternehmer keine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer an, kann der deutsche Unternehmer seine Meldepflicht nicht erfüllen. Zumindest für die Rechtslage ab dem 01.01.2020 ist davon auszugehen, dass die Lieferung in diesem Fall keine innergemeinschaftliche Lieferung mehr sein kann (vgl. Art. 138 MwStSystRL n. F.).
Für vorher verwirklichte Sachverhalte wäre nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der EU eine innergemeinschaftliche Lieferung noch denkbar, die Meldung jedoch nach wie vor unmöglich, weil sie eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer voraussetzt. Theoretisch könnte die Meldung im Wege der schriftlichen Offenlegung erfolgen (vgl. Prätzler/Stuber, BB 2013, 475).
Praxishinweis
Ab dem Brexit sind Warenlieferungen nach Großbritannien nicht mehr für die Zusammenfassende Meldung relevant.
4.6.2 Wegfall der Intrastat für Vorgänge nach und aus Großbritannien
Die Meldepflichten deutscher Unternehmen gegenüber dem statistischen Bundesamt entfallen in Bezug auf Warenbewegungen nach und aus Großbritannien (Intrastat-Meldungen Eingang und Versendung, vgl. Abschnitt 3.8.2) für nach dem Vollzug des Austritts des VK aus der EU bewirkte Warenbewegungen, da die Meldepflichten nur für innergemeinschaftliche Warenbewegungen anzuwenden sind.
Zwar gilt für den Warenverkehr mit Drittländern ebenfalls eine statistische Meldepflicht (Extrastat). Die entsprechenden Daten werden jedoch aktuell durch die Zollverwaltung im Zusammenhang mit den Zollanmeldungen erhoben (vgl. Harksen/Kersten/Sieben, BB 2019, 919). Damit kommt es nicht zu einer zusätzlichen Verpflichtung, Meldungen einzureichen.
Die Statusänderung des VK zum Drittlandsgebiet kann in Einzelfällen dazu führen, dass ein Unternehmen insgesamt keine Intrastat-Meldungen mehr abgeben muss, obwohl es noch am innergemeinschaftlichen Warenverkehr beteiligt ist, jedoch wegen Wegfalls der Meldepflicht für Warenbewegungen mit dem VK unter die relevanten Meldeschwellen von 500.000 EUR bzw. 800.000 EUR fällt.
Beispiel
Der deutsche Unternehmer Schluck, ein Getränkehandel aus Frankfurt am Main, bezieht pro Jahr Waren aus der EU im Gesamtwert von ca. 1 Mio. EUR. Er ist bisher zur Abgabe von Intrastat-Meldungen Eingang verpflichtet.
Nach dem Brexit stellt Schluck fest, dass von seinem EU-Wareneinkäufen Bezüge von 700.000 EUR auf Whisky aus Großbritannien entfielen. Die verbleibenden 300.000 EUR kommen v. a. aus Italien und Spanien, Portugal und Frankreich. Schluck ist nicht mehr meldepflichtig, weil er unter der Meldeschwelle von 800.000 EUR liegt.
Praxishinweis
Ab dem Brexit sind Warenlieferungen aus oder nach Großbritannien nicht mehr für die Intrastat-Meldung relevant.
Wie bereits für die Zusammenfassende Meldung erläutert, bleiben jedoch Intrastat-Meldepflichten bestehen, wenn Warenbewegungen zwar einen britischen Lieferanten oder britischen Kunden betreffen, die körperliche Warenbewegung jedoch aus oder in einen anderen Mitgliedstaat der EU erfolgt.
Im VK sollen jedenfalls bis zum 31.12.2021 die Intrastat-Meldepflichten teilweise weitergelten. Meldepflichtige im VK müssen Warenbewegungen aus der EU weiterhin melden, wenn sie die Meldeschwelle (1,5 Mio. GBP für Eingang im VK) überschreiten. Eine Meldepflicht für Warenbewegungen aus Großbritannien in die EU entfällt ab dem 01.01.2021. Warenbewegungen zwischen der EU und Nordirland bleiben in beide Richtungen meldepflichtig. Die Meldeschwelle für den Versand aus Nordirland beträgt 250.000 GBP pro Jahr (vgl. https://www.gov.uk/government/publications/notice-60-intrastat-general-guide/notice-60-intrastat-general-guide#contents, abgerufen am 09.03.2021).
4.6.3 Aufbewahrung von Unterlagen
Das Umsatzsteuerrecht erlegt Unternehmern verschiedene Aufzeichnungs- und Aufb...