Grundsätzlich führt der Austritt des VK aus der EU wie bereits ausführlich dargelegt zu einem Wechsel des Status des entsprechenden Staats von einem Mitglied der EU zu einem Drittstaat. Dieser Statuswechsel bedeutet für das Vergütungsverfahren, dass ab dem entsprechenden Stichtag grundsätzlich die Vergütungsanträge nach den für Antragsteller aus Drittstaaten geltenden Vorschriften zu stellen sind. Die zitierte 13. Richtlinie der EU ist der Rahmen für die deutsche Umsetzung des Vergütungsverfahrens.
Eine Vergütungsberechtigung von Antragstellern mit Sitz in einem Drittstaat besteht grundsätzlich unter ähnlichen Voraussetzungen wie für Antragsteller aus anderen Staaten der EU. Das zusätzliche Erfordernis der Gegenseitigkeit wird weiter unten erörtert. Auch für diese Vergütungsanträge kann eine Vergütung für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten bis zu höchstens einem Kalenderjahr beantragt werden. Kürzere Zeiträume sind zulässig, wenn sie den restlichen Zeitraum des Kalenderjahres betreffen.
Allerdings gilt ein anders strukturiertes Antragsverfahren. Der Vergütungsantrag ist nämlich unmittelbar in Deutschland bei der zuständigen Behörde (BZSt) zu stellen. Dabei wurde der historisch in Papierform mit eigenhändiger Unterschrift des Antragstellers verlangte Antrag im Jahr 2016 (anzuwenden ab 01.07.2016, neue Fassung des § 61a Abs. 1 und Abs. 2 UStDV mit digitaler Übermittlung nach Steuerdaten-Übermittlungsverordnung) durch einen elektronisch nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu stellenden Antrag ersetzt (vgl. § 61a Abs. 1 UStDV).
Beim Antragsverfahren gelten weitere sehr bedeutsame Unterschiede. Insbesondere müssen Antragsteller aus Drittstaaten dem Vergütungsantrag Originale sämtlicher Rechnungen und Einfuhrbelege beifügen, um die Vorsteuerbeträge nachzuweisen (vgl. § 61a Abs. 2 Satz 3 UStDV). Zusätzlich muss der Unternehmer durch behördliche Bescheinigung des Ansässigkeitsstaat nachweisen, dass er als Unternehmer unter einer Steuernummer eingetragen ist (vgl. § 61a Abs. 4 UStDV).
Weiterhin muss der Antrag zwingend bis spätestens zum 30.06. des Folgejahres beim Bundeszentralamt für Steuern eingegangen sein (vgl. § 61a Abs. 2 UStDV). Es handelt sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Grundsätzlich ist weitere Voraussetzung, dass der Antrag bis zum Stichtag vollständig vorliegen muss. Vollständigkeit schließt dabei den Nachweis der Unternehmereigenschaft und die Einreichung sämtlicher Originalbelege ein. Der Mindestvergütungsbetrag muss 1.000 EUR betragen. Bei Anträgen für das Kalenderjahr oder den letzten Zeitraum des Kalenderjahres gilt abweichend eine Mindestvergütung von 500 EUR (vgl. § 61a Abs. 3 UStDV). Anders als im EU-Verfahren werden Vorsteuerbeträge für Kraftstoffe nicht vergütet.
Zu beachten ist zusätzlich, dass die deutsche Umsetzung der 13. Richtlinie zu Vergütungsverfahren das sogenannte Gegenseitigkeitserfordernis enthält. Gegenseitigkeit bedeutet, dass einem Antragsteller aus einem Staat außerhalb der EU deutsche Vorsteuer nur dann erstattet wird, wenn im entsprechenden Staat eine Erstattung von Vorsteuerbeträgen an deutsche Antragsteller unter vergleichbaren Bedingungen stattfindet, oder wenn der entsprechende Staat gar keine vergleichbaren Steuern erhebt (vgl. § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG). Zur Gegenseitigkeit existiert ein BMF-Schreiben (vgl. BMF vom 15.03.3021), das in unregelmäßigen Abständen aktualisiert wird. Aktuell besteht beispielsweise Gegenseitigkeit zu Staaten wie der Schweiz und Norwegen, weil sie an deutsche Unternehmen ihre lokalen Mehrwertsteuern unter vergleichbaren Bedingungen erstatten, und zu Staaten den USA oder Hongkong, weil sie jeweils keine vergleichbaren Steuern erheben. Keine Gegenseitigkeit besteht dagegen (wegen fehlender oder stark eingeschränkter Erstattung an deutsche Unternehmen) beispielsweise zu den Staaten Russland, Volksrepublik China und Türkei.
Nach allen Erfahrungswerten muss das Vorsteuer-Vergütungsverfahren in seiner Handhabung in Deutschland als extrem formell beschrieben werden. Kleine formelle Fehler können nach der aktuellen Praxis schnell zur endgültigen Ablehnung führen. Daher ist bei höheren Erstattungsbeträgen hohe Sorgfalt bei der Antragstellung anzuraten. Sollte das VK im Zusammenhang mit dem Austritt aus der EU Regelungen beschließen, die eine Vorsteuervergütung an deutsche Unternehmen ausschließen oder beschränken, ist davon auszugehen, dass keine Gegenseitigkeit mehr angenommen werden kann. In diesem Fall wäre ab dem entsprechenden Zeitpunkt keine Vorsteuervergütung an britische Unternehmen mehr zu gewähren.
Für Vorsteuerbeträge des Jahres 2020 gestatteten die deutschen Steuerbehörden letztmals die Nutzung des digitalen EU-Vergütungsverfahrens. Allerdings wurde abweichend von der sonst geltenden 9-Monatsfrist festgelegt, dass Vergütungsanträge für das Jahr 2020 bis spätestens 31.03.2021 über das jeweilige Portal im Ansässigkeitsstaat einzureichen und an die britischen Steuerbehörden zu übermitteln waren. Di...