Die EU hat insbesondere zum Schutz der Unternehmen in der Union zahlreiche Sondervorschriften erlassen. Hierdurch sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Andernfalls könnte durch ungleiche Rahmenbedingungen (z. B. aufgrund unzulässiger lokaler Subventionen im Herkunftsland) eine Schädigung der Interessen der EU vorliegen. Die Sondervorschriften können dazu führen, dass bestimmte Wareneinfuhren aus Drittländern stark erhöhten Zollsätzen unterliegen (beispielsweise der sog. Antidumpingzoll, vgl. Antidumping-Grundverordnung VO (EU) 2016/1036 und Antisubventions-Grundverordnung VO (EU) 2016/1037) oder die Einfuhr durch Kontingente stark limitiert wird (sog. Marktordnungswaren).
Entsprechende Vorschriften gelten insbesondere für zahlreiche Lebensmittel. Dazu gehören Getreide, Reis, verarbeitete Erzeugnisse aus beidem, Obst und Gemüse, Milch und Milcherzeugnisse, Bananen, Fisch und Fischereierzeugnisse, Wein und Weinbauerzeugnisse. Die Einfuhr von Marktordnungswaren ist vom Besitz einer Einfuhrlizenz abhängig. Diese Einfuhrlizenz muss gesondert beantragt werden und sie gilt nur für eine bestimmte Menge und während einer begrenzten Zeitspanne.
Zusätzlich gelten bei der Einfuhr von Waren in die EU ausführliche Vorschriften zum Schutz der menschlichen Gesundheit. Sehr viele Warengruppen müssen insoweit von der EU definierte Standards einhalten, damit sie eingeführt werden dürfen. Dies gilt nicht nur für zahlreiche Lebensmittel, sondern beispielsweise auch für elektronische Produkte.
Das VK und die EU haben sich im Abkommen vom 30.12.2020 nicht auf wesentliche Erleichterungen bezüglich der Marktordnungswaren einigen können. Zwar sieht die Zollbefreiung vor, dass entsprechende Waren nicht einer Zollbelastung unterworfen werden. Auch wurde für einzelne Warengruppen gesondert geregelt, dass bestimmte Zertifizierungen nach britischen Vorschriften auch durch die EU anerkannt werden.
Problematisch ist jedoch, dass die Einfuhr der regulierten Waren ab dem 01.01.2021 nur im Rahmen der bewilligten Kontingente möglich ist. Damit ist z. B. die Einfuhr von Lebensmitteln, Pflanzen oder tierischen Produkten aus dem VK in die EU massiven Einschränkungen unterworfen. Dies gilt sogar für die Mitnahme im persönlichen Reisegepäck. Betroffene Unternehmen bzw. ihre betroffenen Abnehmer in der EU müssen nun im Einzelfall prüfen, welche unionsrechtlichen Vorschriften einzuhalten sind.
Praxishinweis
Unternehmen, die Waren aus dem VK beziehen, sollten klären, ob die Waren nach dem Brexit eine Einfuhrgenehmigung brauchen oder ob weitere Vorschriften der EU erfüllt werden müssen. Es drohen andernfalls Verzögerungen für Lieferungen oder sogar Einfuhrverbote.