Rz. 358
Die Zwangsvollstreckung darf nur durchgeführt werden, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel bezeichnet sind (vgl. u. a. AG Berlin-Lichtenberg, Beschluss v. 19.10.2005, 33 M 8070/05, NZM 2006, 120) und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird (§ 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ein Einzelkaufmann kann in einem Titel unter seiner Firma nach § 17 Abs. 1 HGB bezeichnet werden, auch wenn der bürgerliche Name fehlt, vorausgesetzt eine eindeutige Identifizierung ist möglich (OLG Köln, Beschluss v. 8.3.1995,2 W 42/95, NJW-RR 96, 292; KG, Beschluss v. 12.1.1982, 1 W 2206/81, Rpfleger 82, 191). Zur Vollstreckung für eine Wohnungseigentümergemeinschaft ist eine Sammelbezeichnung mit Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses ("Wohnungseigentümer der Anlage Straße … in ….") zulässig, sofern der zu vollstreckende Anspruch auf eine an die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich zu erbringende Leistung (hier: Wohngeld) gerichtet ist, die Gläubiger bei der Vollstreckung durch den Verwalter vertreten werden und sofern sich die einzelnen Gläubiger ermitteln lassen (BGH, Beschluss v. 16.7.2004, IXa ZB 288/03, NJW 2004, 3632, 3634; BayObLG, Beschluss v. 23.1.1986, BReg 2 Z 126/85, NJW-RR 1986, 564; Prütting/Gehrlein, § 750 ZPO Rn. 6) Das gilt auch für einen Titel gegen die Gesellschafter, wenn sich deren Identität mit der GbR mit der notwendigen Sicherheit ergibt (LG Berlin Rpfleger 2008).
Das Erfordernis der eindeutigen Bezeichnung der Schuldner im Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel gem. § 750 I ZPO besteht auch dann, wenn die Räumungsvollstreckung ein rechtswidrig besetztes Grundstück betrifft und es dem Gläubiger im Erkenntnisverfahren ohne polizeiliche Hilfe nicht möglich ist, die Schuldner namentlich zu bezeichnen (BGH, Beschluss v. 13.7.2017, I ZB 103/16, NJW 2018, 399). Eine Rechtsnachfolgeklausel gem. § 750 Abs. 2, § 727 ZPO muss der Gläubiger nur dann erwirken, wenn sich aus den Gesamtumständen klar und eindeutig ergibt, dass die Rechtsnachfolger des Schuldners tatsächlichen (Mit-)Besitz an den Räumen haben (BGH, Beschluss v. 30.4.2020, I ZB 61/19, NZM 2021, 547); der fiktive Erbenbesitz nach § 857 BGB begründet jedenfalls soweit und solange Gewahrsam eines Dritten besteht keinen Gewahrsam im Sinne einer tatsächlichen, nach außen erkennbaren Sachherrschaft = GE 2018, 189).
Rz. 359
Neben Urteilen sind auch Beschlüsse im einstweiligen Verfügungsverfahren sowie ein Prozessvergleich (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und eine notarielle Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) Vollstreckungstitel. Notarielle Urkunden können Mietansprüche sowie Ansprüche auf Erfüllung und Schadensersatz aus Mietverhältnissen titulieren; aus ihnen können dagegen nicht mietrechtliche Räumungs- und Herausgabeansprüche (§ 546) oder Ansprüche auf Fortsetzung des Mietverhältnisses (§§ 574–574c) vollstreckt werden, soweit es sich um Wohnraum handelt (Paschke, GE 2005, 344). Dagegen kann sich der Mieter von Gewerberaum durch notarielle Urkunde zur Räumung von Gewerberaum wirksam verpflichten (Kollbach-Mathar, ZMR 2000, 1 [2 Fn. 7] m. w. N.).
Rz. 360
Die Vollstreckungsklausel ist der Vermerk, dass die Ausfertigung des Vollstreckungstitels dem Vollstreckungsgläubiger zum Zwecke der Zwangsvollstreckung erteilt wird (§ 725 ZPO). Keiner Vollstreckungsklausel bedürfen Beschlüsse im einstweiligen Verfügungsverfahren. Die Vollstreckungsklausel wird auf Antrag dem Vollstreckungsgläubiger durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs auf der beglaubigten Abschrift erteilt (§ 724 Abs. 2 ZPO). Im Erinnerungsverfahren nach § 766 ZPO ist der Einwand des Schuldners grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle habe die der Vollstreckung zugrunde liegende Klausel nach §§ 724, 725 ZPO zu Unrecht ohne die gem. § 726 Abs. 1 ZPO erforderlichen Nachweise erteilt (BGH, Beschluss v. 12.1.2012, VII ZB 71/09, WM 2012, 454).
Rz. 361
Das Vollstreckungsgericht hat die materielle Richtigkeit der erteilten Vollstreckungsklausel nicht zu überprüfen, sondern nur, ob eine Klausel vorhanden ist und ob sie ordnungsgemäß erteilt wurde, nicht hingegen, ob sie erteilt werden durfte (BGH, Beschluss v. 23.5.2012, VII ZB 31/11, GE 2012, 1166) oder ob eine qualifizierte Klausel nach §726 ZPO erforderlich ist. Das Vollstreckungsgericht ist ebenfalls nicht befugt, eine von dem Gläubiger vorgenommene Verrechnung an ihn geleisteter Zahlungen auf ihre Richtigkeit gem. § 367 Abs. 1 hin zu überprüfen. Materiell-rechtliche Fragen sind einer Prüfung durch das Vollstreckungsgericht im streng formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren grundsätzlich entzogen (BGH, Beschluss v. 15.6.2016, VII ZB 58/15, NJW 2016, 2810; BGH, Beschluss v. 14.7.2011, VII ZB 118/09, WM 2011, 1708 Rn. 17). Ob den Bestimmungen der §§ 366, 367 BGB gemäß verrechnet und insoweit Erfüllung der Forderungen des Gläubigers gem. § 362 Abs. 1 BGB eingetreten ist, ist eine ma...