Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Rdn 119
Literaturhinweise:
Eisenberg, Das Gesetz zur Erweiterung jugendgerichtlicher Handlungsmöglichkeiten vom 4.9.2012, StV 2013, 44
s.a. die Hinw. bei → Bewährung, Jugendliche, Allgemeines, Teil A Rdn 85.
Rdn 120
1.a) Im Jugendstrafverfahren müssen Verurteilung zu einer Jugendstrafe und die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Strafe zur Bewährung nicht gleichzeitig getroffen werden (vgl. § 57 Abs. 1 JGG). Werden die Entscheidungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten getroffen, führt dies zur sog. "Vorbewährung", also einer Bewährungsmöglichkeit vor der endgültigen Entscheidung über die Aussetzung zur Bewährung.
☆ Seit dem 7.10.2012 richtet sich die sog. Vorbewährung nach §§ 61 ff. JGG. Auch schon vorher wurde in der Praxis eine Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung einem nachträglichen Beschluss vorbehalten.7.10.2012 richtet sich die sog. "Vorbewährung" nach §§ 61 ff. JGG. Auch schon vorher wurde in der Praxis eine Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung einem nachträglichen Beschluss vorbehalten.
Rdn 121
Voraussetzung hierfür ist nach § 61 Abs. 1 JGG, dass derzeit noch keine günstige Prognose i.S.d. § 21 JGG gestellt werden kann, aber Anhaltspunkte bestehen, dass in absehbarer Zeit eine solche gestellt werden kann. Die Vorschrift gilt auch für Heranwachsende, wenn materielles Jugendstrafrecht Anwendung findet (§§ 105 Abs. 1, 109 JGG).
Rdn 122
b) Die vorbehaltene Entscheidung ergeht spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils (§ 61a Abs. 1 JGG). Die Frist kann ausnahmsweise und nur mit Einverständnis des Verurteilten auf neun Monate verlängert werden.
Rdn 123
c) Während der Dauer der Vorbewährung können Weisungen und Auflagen erteilt werden. Ebenso soll die Unterstellung unter einen Bewährungshelfer erfolgen (§ 61b Abs. 1 JGG). Ein "Warnschussarrest" ist ebenfalls möglich (§ 61 Abs. 3 S. 1 JGG; → Bewährung, Jugendliche, Allgemeines, Teil A Rdn 85 ff.).
Rdn 124
2.a) Die nachträgliche Entscheidung erfolgt durch Beschluss, i.d.R. ohne mündliche Anhörung. Dies ist jedoch nach §§ 57 Abs. 1, 61a Abs. 1 JGG zulässig. Grundlage hierfür bildet i.d.R. ein weiterer Bericht der Jugendgerichtshilfe ggf. der Bewährungshilfe (vgl. OLG Hamburg VRS 124, 355).
☆ Aber auch der Verteidiger kann und sollte die Entwicklung seines Mandanten schriftlich an das Gericht schicken. Zumindest dann, wenn eine negative Entscheidung droht, soll der Verteidiger auf eine mündliche Anhörung hinwirken .Verteidiger auf eine mündliche Anhörung hinwirken.
Die Bestellung zum Pflichtverteidiger wirkt im Verfahren über die Aussetzung der Jugendstrafe fort (OLG Karlsruhe StV 1998, 348 [zur alten Rechtslage])
Rdn 125
b) Bei einer positiven Prognose wird die Vollstreckung der Jugendstrafe nachträglich ausgesetzt. Die Zeit der Vorbewährung wird auf die Bewährungszeit angerechnet (§ 61b Abs. 3 JGG). Die "eigentliche" Bewährung richtet sich dann nach den §§ 21 ff. JGG.
Rdn 126
c) Liegen hinreichende Gründe für eine Ablehnung der Aussetzung vor, so kann nunmehr ein Vollstreckungshaftbefehl nach § 453c ergehen (§ 61b Abs. 2 JGG).
Rdn 127
d) Zuständig für die Entscheidung über die Aussetzung ist gem. § 61a Abs. 2 JGG immer das Gericht der letzten Tatsacheninstanz. Wenn also das Berufungsgericht erstmals einen Vorbehalt ausgesprochen hat, so trifft es auch die nachträgliche Entscheidung.
Siehe auch: → Bewährung, Jugendliche, Allgemeines, Teil A Rdn 85 ff.; → Bewährung, Jugendliche, Weisungen, Auflagen, Teil A Rdn 128 ff.; → Bewährung, Jugendliche, Zeit, Teil A Rdn 175 ff.