Detlef Burhoff, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Nach § 23 Abs. 1 JGG soll der Richter für die Dauer der Bewährungszeit die Lebensführung des Jugendlichen durch Weisungen (§ 10 JGG) beeinflussen. |
2. |
Die Unterstellung unter einen Bewährungshelfer ist obligatorisch. |
3. |
Gem. § 23 Abs. 1 S. 3 JGG ist die nachträgliche Anordnung, Änderung oder Aufhebung von Weisungen und Auflagen möglich. |
4. |
Bei Nichterfüllung der Weisungen und Auflagen kann Ungehorsamsarrest verhängt werden. |
Rdn 129
Literaturhinweise:
Mrozynski, Jugendhilfe und Jugendstrafrecht, 1988
Schipholt, Der Umgang mit einem zweischneidigen Schwert. Zu den Aufgaben der Bewährungshilfe, NStZ 1993, 470
Ulmschneider, Durchführung, Erfolg und rechtliche Grenzen der Bewährungsauflage bei Jugendlichen. Praxis im Landgerichtsbezirk Stuttgart 1954 – 1960, 1966
s.a. die Hinw. bei → Bewährung, Auflagen, Teil A Rdn 9, und bei → Bewährung, Weisungen, Teil A Rdn 244.
Rdn 130
1. Nach § 23 Abs. 1 JGG soll der Richter für die Dauer der Bewährungszeit die Lebensführung des Jugendlichen durch Weisungen (§ 10 JGG) beeinflussen. Er kann auch Auflagen (§ 15 JGG) erteilen.
☆ Die Überwachung der Weisungen und Auflagen obliegt dem Gericht, wird in der Praxis aber allein von der Bewährungshilfe wahrgenommen (§ 24 Abs. 3 S. 2 JGG).Überwachung der Weisungen und Auflagen obliegt dem Gericht, wird in der Praxis aber allein von der Bewährungshilfe wahrgenommen (§ 24 Abs. 3 S. 2 JGG).
Rdn 131
a) Weisungen sollen gem. § 23 Abs. 1 JGG ausgesprochen werden (anders § 56c StGB; dort Ermessen → Bewährung, Weisungen, Teil A Rdn 244 ff.). Das heißt, sie sind regelmäßig anzuordnen, wenn keine Ausnahme vorliegt (z.B. bei "freiwilligen" Zusagen oder Angeboten nach § 23 Abs. 2 JGG). Zweck der Weisungen ist die erzieherische Beeinflussung des Jugendlichen. Ebenso wie die isoliert verhängbaren Weisungen nach § 10 JGG (→ Jugendliche, Vollstreckung, Erziehungsmaßregeln/Zuchtmittel, Teil B Rdn 759 ff.) haben die Bewährungsweisungen die Aufgabe, durch Eingriffe in die Lebensführung des Jugendlichen die Entwicklung zu einem straffreien Verhalten zu fördern und zu sichern. Die in § 10 JGG geregelten Weisungen sind nicht abschließend. (HK-JGG/Meier, § 23 Rn 2).
Rdn 132
b) Die in § 15 JGG abschließend geregelten Auflagen kommen erst sekundär nach den Weisungen in Betracht: Sie können erteilt werden. Trotz dieses unterschiedlichen Anordnungsmaßstabes und des sich aus § 13 JGG eher ahndenden Charakters der Auflagen geht die h.M. nicht von einem funktionellen Unterschied zwischen Weisungen und Auflagen i.S.d. § 23 JGG aus (Eisenberg, § 23 Rn 5; D/S/S-Sonnen, § 23 Rn 2; Ostendorf, § 23 Rn 2; a.A. HK-Meier, § 23 Rn 1, 5). Ein Unterschied liegt praktisch in der Anrechnungsmöglichkeit für Auflagen bei einem Widerruf. Die Unterscheidung in den Widerrufsgründen wird von der Praxis nicht vorgenommen (→ Bewährung, Jugendlcihe, Widerruf, Teil A Rdn 143 ff.).
Rdn 133
c)aa) Unzumutbare Leistungen dürfen dem Jugendlichen nicht abverlangt werden. Weisungen und Auflagen müssen klar, bestimmt und in ihrer Einhaltung überprüfbar sein, damit Verstöße einwandfrei festgestellt werden können. Maßgeblich ist, dass der Verurteilte ihnen unmissverständlich entnehmen kann, unter welchen Umständen ihm der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung droht ("Bestimmtheitsprinzip"; BVerfG StV 2012, 481; KG StV 2014, 746; die zu § 56b StGB entwickelten Grundsätze zu Bestimmtheit sind daher für Auflagen nach dem JGG entsprechend anzuwenden; → Bewährung, Auflagen, Teil A Rdn 37; → Bewährung, Weisungen, Teil A Rdn 254, 265).
Rdn 134
▪ |
Drogenscreening (LG Detmold StV 1999, 662). |
▪ |
die Ausgestaltung der Durchführung einer Weisung im Einzelnen dem Bewährungshelfer überlässt (Eisenberg, § 23 Rn 15) |
▪ |
die Anordnung, mindestens alle sechs Monate ein entsprechendes Negativattest über eine Urinkontrolle beizubringen (LG Cottbus, Beschl. v. 9.3.2009 – 24 jug Qs 4/09; anders bei Blutentnahme) |
▪ |
eine werdenden Mutter anzuweisen, sich unmittelbar nach der Entbindung um eine versicherungspflichtige Tätigkeit zu bemühen (BVerfG JurBüro 1983, 63) |
▪ |
die Auswahl und Bestimmung der konkreten Stelle, bei der Freizeitarbeiten als Auflage nach dem JGG abzuleisten sind, gehört nicht mehr zu den Regelungen, die schon zwingend der Richter zu treffen hat; dies kann vielmehr der Bewährungs- bzw. Jugendgerichtshilfe übertragen werden (KG StV 2014, 746) |
Rdn 135
▪ |
die in Vordrucken häufig aufgeführte Weisung, Anordnungen durch den Bewährungshelfer allgemein oder für bezeichnete Lebensbereiche nachzukommen (Ostendorf, § 23 Rn 3; Eisenberg, § 23 Rn 14), da sie nicht nur zu unbestimmt ist, sondern die Delegation der Weisungskompetenz auf den Bewährungshelfer auch mit der richterlichen Verantwortung für die Sanktion nicht vereinbar ist (HK-JGG/Meier, § 23 Rn 3) |
▪ |
eine Weisung, den Wohnsitz oder Arbeitsplatz nur nach vorheriger Zustimmung des Bewährungshelfers zu wechseln (Eisenberg, § 23 Rn 16; a.A. Brunner/Dölling, § 23 Rn 2). |
▪ |
die Anordnung, mindestens einmal monatlic... |