Das Wichtigste in Kürze:

1. Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Auflagen erbracht hat, werden im Falle des Widerrufs nicht erstattet, können aber vom Gericht auf die Strafe angerechnet werden.
2. Die Anrechnungsmöglichkeit besteht nur bei Auflagen nach § 56b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis 4 StGB, nicht dagegen bei einer Schadenswiedergutmachungsauflage.
3. Das Gericht entscheidet über die Anrechnung von Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen, das allerdings dahingehend eingeschränkt ist, dass die Anrechnung regelmäßig der Billigkeit entspricht.
4. Die Frage, in welchem Maßstab erbrachte Leistungen des Verurteilten anzurechnen sind, ist gesetzlich nicht geregelt.
5. Die Anrechnungsentscheidung kann nach h.M. mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden.
6. Ist im Widerrufsbeschluss versehentlich nicht über die Anrechnung erbrachter Leistungen entschieden worden, überprüft das Beschwerdegericht die Anrechnungsvoraussetzungen in eigener Zuständigkeit und holt die Entscheidung ggf. nach.
 

Rdn 314

 

Literaturhinweis:

Hillenbrand, Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung – Voraussetzungen und Verfahren, ZAP F.22, S. 799

s.a. die Hinweise bei → Bewährung, Allgemeines, Teil A Rdn 2.

 

Rdn 315

1.a) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Auflagen erbracht hat, werden im Falle des Widerrufs nicht erstattet, können aber vom Gericht auf die Strafe angerechnet werden, § 56f Abs. 3 StGB. Die Vorschrift bietet in Fällen, in denen sich ein Widerruf der Strafaussetzung nicht vermeiden lässt, einen nicht zu unterschätzenden Verteidigungsansatz zur Schadensbegrenzung, insbesondere wenn eine Auflage schon zu großen Teilen oder gar vollständig erfüllt ist. Über die Anrechnung kann sich eine erhebliche Haftzeitverkürzung erreichen lassen, allerdings darf sie nicht zu einer vollständigen Erledigung der Strafe führen (OLG Hamm NStZ 2001, 165).

 

☆ Wird eine frühere Bewährungsstrafe in eine Gesamtstrafe , deren Vollstreckung nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wird, einbezogen , gilt § 56f Abs. 3 StGB entsprechend (§ 58 Abs. 2 S. 2 StGB).frühere Bewährungsstrafe in eine Gesamtstrafe, deren Vollstreckung nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wird, einbezogen, gilt § 56f Abs. 3 StGB entsprechend (§ 58 Abs. 2 S. 2 StGB).

 

Rdn 316

b) Leistungen zur Erfüllung von Weisungen werden dagegen nicht angerechnet. Im Gegensatz zu Auflagen dienen Weisungen nicht der Genugtuung, sondern der resozialisierenden Einwirkung auf den Verurteilten (Schönke/ Schröder/Stree/Kinzig, § 56f Rn 23; → Bewährung, Weisungen), Teil A Rdn 244.

 

Rdn 317

2. Die Anrechnungsmöglichkeit besteht nur bei Auflagen nach § 56b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 bis 4 StGB, nicht dagegen bei einer Schadenswiedergutmachungsauflage gem. § 56b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB. Leistungen an den Geschädigten, die dieser zum Ausgleich des durch die Tat erlittenen Schadens erhalten hat, bleiben bei einer etwaigen Anrechnung immer außer Betracht. Dies gilt auch für Schmerzensgeldzahlungen (Lackner/Kühl, § 56f Rn 14; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, § 56f Rn 23).

 

☆ Erfolgt versehentlich doch eine Anrechnung, kommt eine Korrektur des Beschlusses aufgrund eines nur vom Verurteilten eingelegten Rechtsmittels durch das Beschwerdegericht nicht in Betracht. Es gilt insoweit das Verschlechterungsverbot ( Fischer , § 56f Rn 18b).Verschlechterungsverbot (Fischer, § 56f Rn 18b).

 

Rdn 318

3. Das Gericht entscheidet über die Anrechnung von Leistungen nach pflichtgemäßem Ermessen, das allerdings dahingehend eingeschränkt ist, dass die Anrechnung regelmäßig der Billigkeit entspricht. Der Grund für diese Einschränkung liegt darin, dass der Genugtuungszweck der Auflagenerfüllung bei einem späteren Widerruf der Strafaussetzung bereits durch die Strafvollstreckung erfüllt wird (KG StraFo 2013, 523; Schönke/Schröder/Stree-Kinzig, § 56f Rn 19).

 

☆ Ausnahmen gelten nur, wenn besondere Umstände gegeben sind, etwa die Erfüllung der Bewährungsauflage mit Geldern aus neuen Straftaten (BGH NStZ-RR 2002, 137), eine Auflagenerfüllung in nur geringem Umfang oder ein krass bewährungswidriges Verhalten. Ein solches krass bewährungswidriges Verhalten kann auch bei vollständiger Auflagenerfüllung gegeben sein, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit schwer straffällig wird (KG a.a.O. für neue Taten, die mit einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten geahndet wurden). gelten nur, wenn besondere Umstände gegeben sind, etwa die Erfüllung der Bewährungsauflage mit Geldern aus neuen Straftaten (BGH NStZ-RR 2002, 137), eine Auflagenerfüllung in nur geringem Umfang oder ein krass bewährungswidriges Verhalten. Ein solches krass bewährungswidriges Verhalten kann auch bei vollständiger Auflagenerfüllung gegeben sein, wenn der Verurteilte während der Bewährungszeit schwer straffällig wird (KG a.a.O. für neue Taten, die mit einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten geahndet wurden).

 

Rdn 319

4.a) Die Frage, in welchem Maßstab erbrachte Leistungen des Verurteilten anzurechnen sind, ist gesetzlich nicht geregelt. Das...

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