Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) sind Verwaltungsvorschriften für Strafverfahren gegen Erwachsene. |
2. |
Zu Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen enthalten die RiStBV Bestimmungen in den Nr. 153 ff. |
Rdn 1448
Literaturhinweise:
Matthies, Die Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens der Staatsanwaltschaft bei der Einlegung von Rechtsmitteln gegen Urteile Eine kritische Bestandsaufnahme der rechtstatsächlichen Handhabung, StraFo 2009, 229
Nestler, Strafverfahren zwischen Wirtschaftlichkeit und Legalitätsprinzip, JA 2012, 88.
Rdn 1449
1. Die Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV) sind Verwaltungsvorschriften für Strafverfahren gegen Erwachsene, die vornehmlich für den Staatsanwalt bestimmt sind, sich aber teilweise auch an den Richter wenden. Da es sich um Verwaltungsvorschriften ohne Gesetzeskraft handelt, haben sie nur für die weisungsgebundenen Bediensteten der Justizverwaltung Bindungswirkung. Sie begründen keine Verfahrensrechte des Angeklagten (BVerfGE 64, 135, 150). Aufgrund ihrer Unabhängigkeit sind Richter nicht gehalten, sich an die Richtlinien zu halten. Da die Richtlinien eine bundeseinheitliche Sachbehandlung durch die Länderjustizverwaltungen sicherstellen sollen, kommt ihnen für die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden Maßstabsfunktion zu. Man findet die RiStBV im Internet unter https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_28032023_BMJRB3313104000060001.htm oder im Anhang Nr. 12 bei Meyer-Goßner/Schmitt.
☆ Der Inhalt der RiStBV sollte bei der Auslegung der Rechtsschutzmöglichkeiten weder vom Gericht noch vom Verteidiger vernachlässigt werden, auch wenn sich die Rspr. gerne darauf beruft, dass sie selbst durch die RiStBV nicht gebunden werde (BayObLG NJW 1996, 1836).Auslegung der Rechtsschutzmöglichkeiten weder vom Gericht noch vom Verteidiger vernachlässigt werden, auch wenn sich die Rspr. gerne darauf beruft, dass sie selbst durch die RiStBV nicht gebunden werde (BayObLG NJW 1996, 1836).
Der BGH legt Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV aus, wonach der Staatsanwalt seine Revision stets so rechtfertigen soll, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils er seine Rechtsverletzung erblickt und auf welche Gründe er seine Rechtsauffassung stützt (BGH, Urt. v. 14.4.2022 – 5 StR 313/21, StV 2023, 522; NStZ-RR 2015, 88). Dies kommt bei einem Widerspruch zwischen Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft zum Tragen und kann dazu führen, dass das durch Auslegung festgestellte Angriffsziel des Rechtsmittels hinter dem unbeschränkt formulierten Revisionsantrag zurückbleibt.
Rdn 1450
2. Zu Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen enthalten die RiStBV
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Gemeinsame Bestimmungen (Nrn. 153–157) sowie besondere Bestimmungen für |
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Berufung (Nrn. 158 f.). und |
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Revision (Nrn. 159–169). |
Rdn 1451
Einzelbestimmung bestehen im Zusammenhang mit der
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Belehrung über Rechtsmitte/Rechtsbehelfe (Nr. 142), |
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Erklärung von Rechtsmitteln zu Protokoll der Geschäftsstelle (Nr. 150), |
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Ladung (Nr. 117), |
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Untersuchungshaft (Nrn. 46–57), |
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Verfahren gegen sprachunkundige Ausländer (Nr. 181), |
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Wiederaufnahme des Verfahrens (Nr. 170 f.). |
☆ Da die RiStBV auch zur Ausgestaltung eines fairen Verfahrens beitragen, sollte sich der Verteidiger stets auf sie berufen , wenn im Verfahrensablauf von ihnen abgewichen wird.auf sie berufen, wenn im Verfahrensablauf von ihnen abgewichen wird.
Siehe auch: → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1292, m.w.N.