Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Für die Schriftlichkeit ist erforderlich, dass der Erklärungsinhalt schriftlich dargestellt sein muss. |
2. |
Von Verteidigern und Rechtsanwälten verfasste Berufungs- und Revisionserklärungen, für die die Schriftform vorgeschrieben ist, müssen für ihre Wirksamkeit als elektronische Dokumente übermittelt werden. |
3. |
Sonstige Verfahrenserklärungen können, müssen aber nicht als elektronische Dokumente übermittelt werden. Für sie gilt die "alte" Schriftform. Bei einigen Rechtsmittelerklärungen ist die Unterzeichnung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben. |
4. |
Außerhalb des Bereichs der zu unterzeichnenden Erklärungen dient eine Unterschrift lediglich als Identifikationsmerkmal, an die keine so hohen Anforderungen gestellt werden. |
5. |
Ggf. kann die Erklärung durch Computerfax erfolgen. |
6. |
Von der Erklärung durch E-Mail ist abzuraten. |
Rdn 1530
Literaturhinweise:
s. → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form. Allgemeines, Teil A Rdn 1508, m.w.N.
Rdn 1531
1. Für die Schriftlichkeit ist erforderlich, dass der Erklärungsinhalt (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Einlegung, Teil A Rdn 1465 ff.) schriftlich dargestellt sein muss. Der alleinige Zweck der Schriftform liegt darin, die Rechtssicherheit und insbesondere die Verlässlichkeit der Eingabe zu gewährleisten (GmS-OGB NJW 2000, 2340). Mit dem Erfordernis der Schriftform stellt das Verfahrensrecht auch vor dem Hintergrund von Art. 19 Abs. 4 GG keine unzumutbaren Anforderungen an den Zugang zum Gericht (BVerfG NJW 1987, 2067; NVwZ 1994, 781), wobei die Anforderungen im Einzelfall allerdings nicht überspannt werden dürfen (BVerfG NJW 2002, 3534).
☆ Der Schriftform ist genügt , wenn aus dem in deutscher Sprache abgefassten Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise sein Urheber hervorgeht und als sicher davon ausgegangen werden kann, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt, der zur Einreichung bei Gericht nicht bestimmt ist. Dabei ist keine jede Möglichkeit des Gegenteils ausschließende Gewissheit erforderlich, sondern entscheidend, ob der Richter eine alle vernünftigen Zweifel ausschließende Überzeugung zu gewinnen vermag ( Meyer-Goßner/Schmitt , Einl. Rn 128 ff. m.w.N; OLG Jena, Beschl. v. 19.3.2008 – 1 Ws 99/08, m.w.N.).genügt, wenn aus dem in deutscher Sprache abgefassten Schriftstück in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise sein Urheber hervorgeht und als sicher davon ausgegangen werden kann, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt, der zur Einreichung bei Gericht nicht bestimmt ist. Dabei ist keine jede Möglichkeit des Gegenteils ausschließende Gewissheit erforderlich, sondern entscheidend, ob der Richter eine alle vernünftigen Zweifel ausschließende Überzeugung zu gewinnen vermag (Meyer-Goßner/Schmitt, Einl. Rn 128 ff. m.w.N; OLG Jena, Beschl. v. 19.3.2008 – 1 Ws 99/08, m.w.N.).
Rdn 1532
2.a) Zur Bezeichnung von Formerfordernissen innerhalb der Schriftform unterschied die StPO früher bei Papierdokumenten zwischen "schriftlich", "unterschreiben" und "unterzeichnen". Für elektronische Dokumente spielt diese Differenzierung keine Rolle mehr (BT-Drucks. 18/9416, S. 46). Soweit die StPO für Verfahrenserklärungen die Schriftform vorschreibt, ist danach zu unterscheiden, ob das Gesetz dafür eine Rechtspflicht zur elektronischen Einreichung statuiert oder nicht.
Rdn 1533
b) Nach § 32d S. 2 sind die Berufung (§ 314 Abs. 1) und ihre Begründung (§ 317) sowie die Revision (§ 341 Abs. 1), ihre Begründung (§ 345 Abs. 2) und die Gegenerklärung (§ 347) durch elektronisches Dokument zu übermitteln. Bei diesen Prozesserklärungen muss das elektronische Dokument den Vorgaben des § 32a Abs. 2 bis 4 entsprechen, insbes. gem. § 32a Abs. 3 entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder (alternativ) von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden (BGH, Beschl. v. 8.9.2022 – 3 StR 251/22, NStZ 2023, 54; Beschl. v. 3.5.2022 – 3 StR 89/22, StraFo 2022, 276; Beschl. v. 16.11.2022 – 3 StR 371/22, NStZ-RR 2023, 54). In dem zuletzt genannten Fall der Übertragung über das beA ist eine einfache Signatur ausreichend, jedoch muss das Dokument über das Postfach des Anwalts oder Verteidigers übertragen worden sein, dessen Name als Signatur in der Schrift als verantwortende Person aufgeführt ist (u.a. BGH, Beschl. v. 20.6.2023 – 2 StR 39/23, NStZ 2024, 124; Beschl. v. 3.5.2022 – 3 StR 89/22, StraFo 2022, 276 m. Anm. Burhoff StRR 7/2022, 16; Beschl. v 19.10.2022 – 1 StR 262/22, NStZ-RR 2023, 22; Beschl. v. 16.11.2022 – 3 StR 371/22, NStZ-RR 2023, 54; Beschl. v. 4.10.2023 – 3 StR 292/23, StraFo 2024, 19 m.w.N.; BayObLG, Beschl. v. 19.1.2023 – 207 StRR 2/23 [Versendung aus dem Postfach des gem. § 53 Abs. 3 S. 1 BRAO bestellten Vertreters]; s.a. KG, Beschl. v. 22.6.2022 – 3 Ws (B) 123722, StraFo 2022, 463 [beA eines Dritten]). Eine handschriftliche Unterzeichnung der elektronisch übersandten Rechtsmittelbegründungsschrift ist nicht notwendig; ausreichend ist, ...