Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
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Der sprachunkundige Beschuldigte hat Anspruch darauf, dass ihm sämtliche schriftlichen Unterlagen, die zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich sind, übersetzt werden. |
2. |
Im Ermittlungsverfahren sind auf jeden Fall ein Haftbefehl und die Anklageschrift zu übersetzen. |
3. |
Der Angeklagte hat auch Anspruch auf die Übersetzung des nicht rechtskräftigen – schriftlichen – Urteils (§ 187 Abs. 2 S. 1 GVG). Allerdings ist hier ein abgestuftes System vorgesehen. |
Rdn 1711
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Sprachunkundigkeit, Allgemeines, Teil A Rdn 1684.
Rdn 1712
1. Der sprachunkundige Beschuldigte hat Anspruch darauf, dass ihm sämtliche schriftlichen Unterlagen, die zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich sind, übersetzt werden (§ 187 Abs. 2 S. 1 GVG; Burhoff, EV, Rn 4618 ff.). Im Rahmen von Strafverfahren müssen Dolmetschleistungen gem. Art. 2 Abs. 1 RL unverzüglich zur Verfügung gestellt werden, und zwar während der Strafverfahren bei Ermittlungs- und Justizbehörden, einschließlich während polizeilicher Vernehmungen, sämtlicher Gerichtsverhandlungen sowie aller erforderlicher Zwischenverhandlungen (zur Zuziehung eines Dolmetschers Burhoff, EV, Rn 5750 ff.).
☆ Nach der (Verwaltungs-)Vorschrift der Nr. 181 Abs. 2 RiStBV , die Gerichte nicht bindet, sind i.Ü. Ladungen, Haftbefehle, Strafbefehle, Anklageschriften und sonstige gerichtliche Sachentscheidungen dem Ausländer (sic!), der die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, mit einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache bekannt zu geben . Das gilt sinngemäß auch für Einwanderer deutscher Abstammung gilt, wenn sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind.Nr. 181 Abs. 2 RiStBV, die Gerichte nicht bindet, sind i.Ü. "Ladungen, Haftbefehle, Strafbefehle, Anklageschriften und sonstige gerichtliche Sachentscheidungen dem Ausländer (sic!), der die deutsche Sprache nicht hinreichend beherrscht, mit einer Übersetzung in eine ihm verständliche Sprache bekannt zu geben". Das gilt sinngemäß auch für Einwanderer deutscher Abstammung gilt, wenn sie der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig sind.
Rdn 1713
Wird festgestellt, dass der Beschuldigte der deutschen Sprache nicht (hinreichend) mächtig ist, muss er auch darüber belehrt werden, dass er
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Anspruch auf Dolmetschleistungen hat und |
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diese – auch im Fall seiner Verurteilung – für ihn keine Kosten verursachen (§ 187 Abs. 1 S. 2 GVG). |
Rdn 1714
Nur auf diese Weise kann vermieden werden, dass der Beschuldigte aus Angst vor solchen Kosten auf sein Recht, sich umfänglich zu verteidigen, verzichtet (SK-StPO/Paeffgen, Art. 6 EMRK Rn 169).
Rdn 1715
2. Im Ermittlungsverfahren betreffen diese Vorgaben (s. Teil A Rdn 1712 f.; Burhoff, EV, Rn 4618 ff., 5478 ff.)
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jedenfalls einen erlassenen Haftbefehl (§ 114a Abs. 1) sowie die dazu erforderliche Belehrung (§ 114b Abs. 2 S. 2). Als Hilfestellung bietet hierzu das BMJ eine Belehrung in vielen – teilweise auch exotischen – Sprachen an, die fortgeschrieben wird (http://www.bmj.de/cln_155/DE/Service/StatistikenFachinfaormationenPublikationen/Fachinformationen/Belehrungsformulare/_node.html), |
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die Anklageschrift; die wird zwar von der StA verfasst, da sie nach Eingang bei Gericht von diesem zugestellt werden muss, wobei der Angeschuldigte zur Erklärung aufgefordert wird, ob er Beweiserhebungen beantragen will (§ 201 S. 1), ist die Übersetzung vom Gericht zu veranlassen (BGH NStZ 2014, 725); Bei der Zustellung der Anklage ist – zweckentsprechend – auch die Belehrung über die Möglichkeit zu Beweiserhebungen in einer für den Angeschuldigten verständlichen Sprache beizufügen, |
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den Eröffnungsbeschluss; der ist für den Angeklagten zwar nicht anfechtbar (Burhoff, EV, Rn 2407), die Notwendigkeit einer Übersetzung als "wesentliche" Verfahrensunterlage ergibt sich aber jedenfalls dann, wenn die Eröffnung des Hauptverfahrens in Abweichung, insbesondere in Erweiterung der Anklagevorwürfe ergeht, |
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die Ladung zur HV, die ggf. unter der Warnung vor den Folgen des unentschuldigten Ausbleibens ergeht (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines, Teil A Rdn 1601 f.), sodass eine derartige Warnung auch sie in einer für den Angeklagten verständlichen Sprache beizufügen ist. |
Rdn 1716
3. Der Angeklagte hat auch Anspruch auf die Übersetzung des nicht rechtskräftigen – schriftlichen – Urteils (§ 187 Abs. 2 S. 1 GVG; zum Strafbefehl EuGH NJW 2018, 142; LG Stade StV 2021, 29; LG Heilbronn StraFo 2021, 122. Hier hat der deutsche Gesetzgeber allerdings ein abgestuftes System vorgesehen.
Rdn 1717
Die Rspr. differenziert hier wie folgt:
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Eine schriftliche Übersetzung des Urteils ist regelmäßig nicht notwendig, wenn der Angeklagte verteidigt ist, weil der für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt und der Angeklagte die Möglichkeit hat, das Urteil mit ihm – ggf. unter Hinzuziehung eines Dolmetschers – zu besprechen (BGH, Beschl. v. 22.1.2018 – 4 StR ... |