Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Die Ladung des Beschuldigten darf an den Verteidiger nur zugestellt werden, wenn dieser in einer nachgewiesenen Vollmacht ausdrücklich zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt ist. |
2. |
Die Bestellung zum Pflichtverteidiger umfasst nicht zugleich dessen Bevollmächtigung zur Empfangnahme von Ladungen. |
3. |
Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 145a Abs. 2 S. 1 wird einem Rechtsanwalt dadurch Ladungsvollmacht erteilt, dass er die Aufgabe eines Zustellungsbevollmächtigten übernimmt, auf den § 145a Abs. 2 S. 1 nicht anzuwenden ist. |
Rdn 1788
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Vollmacht, Allgemeines, Teil A Rdn 1772.
Rdn 1789
1.a) Auf das Bestehen einer Ladungsvollmacht und deren Wirksamkeit kommt es an, wenn der Mandant über seinen (Wahl-)Verteidiger geladen werden soll. Die Ladung des Beschuldigten darf an den Verteidiger nur zugestellt werden, wenn dieser in einer nachgewiesenen Vollmacht ausdrücklich zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt ist (§ 145a Abs. 2 S. 1). Anders als nach früherem Recht ist es nicht mehr erforderlich, dass sich eine schriftliche Vollmacht bei den Akten befindet; die Bestellung muss nach § 145a Abs. 1 nur nachgewiesen sein. Dafür genügt die Übermittlung einer Kopie der Vollmacht durch den Verteidiger (§ 145a Abs. 1 S. 2). Mit der Regelung des § 145a wird die Bedeutung einer solchen Bevollmächtigung gegenüber der Befugnis des Verteidigers zur Entgegennahme von sonstigen Zustellungen i.S. des § 145a Abs. 1 herausgehoben.
☆ Die Bevollmächtigung zur Empfangnahme von Ladungen muss eindeutig , d.h. für jeden auf Anhieb zweifelsfrei als solche zu erkennen sein (OLG Düsseldorf StV 1990, 536; OLG Köln StV 1993, 402; OLG Stuttgart NStZ-RR 2005 2005, 319; Burhoff , EV, Rn 5305). Weder genügt eine allgemeine Verteidigervollmacht (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Vollmacht, Verteidigervollmacht , Teil A Rdn 1797 ff.), noch eine Bevollmächtigung des Inhalts, der Verteidiger sei zur Entgegennahme von Zustellungen aller Art ermächtigt (OLG Hamburg StraFo 2021, 381; OLG Köln NStZ-RR 1998, 240; Burhoff , a.a.O.). Erforderlich ist eine (ggf. in der Vollmachtsurkunde enthaltene [BayObLG NJW 2004, 532]) Ermächtigung, dass der Verteidiger zur Empfangnahme von Ladungen i.S. des § 145a Abs. 2 befugt ist; andernfalls ist die Ladung nicht wirksam. Da inzwischen der Nachweis der Vollmacht genügt, kann die Bevollmächtigung zum Empfang von Ladungen auch in der HV zu Protokoll erklärt werden ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 145a Rn 12).eindeutig, d.h. für jeden auf Anhieb zweifelsfrei als solche zu erkennen sein (OLG Düsseldorf StV 1990, 536; OLG Köln StV 1993, 402; OLG Stuttgart NStZ-RR 2005 2005, 319; Burhoff, EV, Rn 5305). Weder genügt eine "allgemeine" Verteidigervollmacht (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Vollmacht, Verteidigervollmacht, Teil A Rdn 1797 ff.), noch eine Bevollmächtigung des Inhalts, der Verteidiger sei zur "Entgegennahme von Zustellungen aller Art" ermächtigt (OLG Hamburg StraFo 2021, 381; OLG Köln NStZ-RR 1998, 240; Burhoff, a.a.O.). Erforderlich ist eine (ggf. in der Vollmachtsurkunde enthaltene [BayObLG NJW 2004, 532]) Ermächtigung, dass der Verteidiger zur Empfangnahme von Ladungen i.S. des § 145a Abs. 2 befugt ist; andernfalls ist die Ladung nicht wirksam. Da inzwischen der Nachweis der Vollmacht genügt, kann die Bevollmächtigung zum Empfang von Ladungen auch in der HV zu Protokoll erklärt werden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 145a Rn 12).
Rdn 1790
b) Zum Begriff der Ladung wird auf → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Allgemeines, Teil A Rdn 1591 ff., verwiesen. Bloße Mitteilungen über (z.B. Fortsetzungs-)Termine stellen keine Ladung i.S.d. Vorschrift dar (BGHSt 38, 271).
Rdn 1791
c) Für den Nachweis der Bevollmächtigung genügt es, wenn sie sich aus einer übersandten digitalen Kopie der Vollmachtsurkunde ergibt (BT-Drucks. 19/27654, S. 83); insofern gelten die allgemeinen Regeln für die elektronische Einreichung von Dokumenten. Ausreichend ist auch, wenn der Beschuldigte eine Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle abgibt (h.M.; SK-StPO/Wohlers, § 145a Rn 20 m.w.N.; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Form, Protokoll der Geschäftsstelle, Teil A Rdn 1515 ff.). Auch reicht eine entsprechende Erklärung des Beschuldigten anlässlich eines Haftprüfungstermins oder im Zusammenhang mit der Aussetzung des Verfahrens, die dort protokolliert wird, aus.
Rdn 1792
Nach § 145a Abs. 1 S. 3 kann von der StA/dem Gericht die Nachreichung der Vollmacht im Original unter Fristsetzung verlangt werden. Dies ist aber nur zulässig, wenn im Einzelfall begründete Zweifel daran bestehen, dass die vorgelegte Kopie einer beim Verteidiger vorhandenen Originalurkunde entspricht (BT-Drucks. 19/27654, S. 81). Nach Fristablauf kann nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Bevollmächtigung durch die übersandte Kopie nachgewiesen wird.
Rdn 1793
d) Wurde wirksam Ladungsvollmacht erteilt, gilt sie nicht nur für die erste, sondern auch für die Berufungsinstanz (Meyer-Goßner/Schmitt, § 145a...