Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Rdn 1863
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Allgemeines, Teil A Rdn 1850.
Rdn 1864
1. Die Anordnungspflicht besteht für jeden Einzelfall.
Rdn 1865
Eine Heilung tritt nicht über § 37 Abs. 1 i.V.m. § 189 ZPO durch tatsächlichen Zugang ein (OLG Celle NStZ-RR 2011, 45 [Ls.]).
Rdn 1866
2. Die Anordnungsbefugnis liegt gem. § 36 Abs. 1 beim Vorsitzenden des Gerichts (BGH NJW 2014, 1686 m. Anm. Burhoff StRR 2014, 342; BGH, Beschl. v. 6.7.2016 – 4 StR 253/16, NStZ 2017, 171; OLG Bamberg DAR 2011, 401; OLG München NStZ-RR 2010, 15 [Ls.]; OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.10.2016 – 1 Ws 555/16, StV 2018, 77), bei Kollegialgerichten steht sie im Verhinderungsfall des Vorsitzenden auch den geschäftsplanmäßigen Vertretern zu. Eine Delegationsmöglichkeit besteht nicht (OLG Oldenburg NStZ-RR 2009, 219).
Rdn 1867
3. Die Anordnung kann schriftlich oder mündlich getroffen werden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 36 Rn 3); eine "betriebliche Übung" reicht nicht aus. Wurde sie mündlich erteilt, muss sich spätestens im Zeitpunkt der Zustellung ein schriftlicher Vermerk der Geschäftsstelle bei den Akten befinden (LR-Graalmann-Scheerer, § 36 Rn 7; auch BGH NJW 2014, 1686).
Rdn 1868
4. Der Inhalt der Anordnung des Vorsitzenden muss so bestimmt sein, dass für die Geschäftsstelle weder Zweifel bestehen können noch ihr eine Auslegung der Anordnung abverlangt oder eine Art von "Zustellungsermessen" eingeräumt wird. Die Geschäftsstelle ist auch nicht befugt, eine inhaltlich unvollständige oder gar fehlerhafte Anordnung durch eine eigene zu ersetzen (LR-Graalmann-Scheerer, § 36 Rn 36).
Rdn 1869
In der Anordnung muss angegeben werden, ob förmlich oder formlos zugestellt werden soll. Die Art der förmlichen Zustellung muss der Vorsitzende dagegen nicht bestimmen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 36 Rn 5).
☆ Das Fehlen der Bestimmung der Zustellungsart macht die Zustellung unwirksam (OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 332; Meyer-Goßner/Schmitt , § 36 Rn 4).Zustellungsart macht die Zustellung unwirksam (OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 332; Meyer-Goßner/Schmitt, § 36 Rn 4).
Rdn 1870
Der Vorsitzende hat den Zustellungsadressaten ausdrücklich zu benennen, andernfalls ist die Zustellung ebenfalls unwirksam. Eine für einen Einzelfall getroffene, wenn auch allgemein gehaltene Anordnung reicht nur dann aus, wenn kein Zweifel darüber besteht, wem zugestellt werden soll (BGH NStZ 1983, 325).
☆ Eine Zustellungsanordnung des Vorsitzenden an Verteidiger ist unwirksam; sie kann von der mit der Zustellung betrauten Geschäftsstelle dahin verstanden werden, es sei nur an einen der Verteidiger des Angeklagten zustellen, wobei unklar ist, an welchen; dies begründet den Anschein, der Zustellungsempfänger sei nicht durch den allein hierfür zuständigen Vorsitzenden bestimmt, sondern durch die Geschäftsstelle (BGH NJW 2014, 1686; NStZ 2011, 591)."an Verteidiger" ist unwirksam; sie kann von der mit der Zustellung betrauten Geschäftsstelle dahin verstanden werden, es sei nur an einen der Verteidiger des Angeklagten zustellen, wobei unklar ist, an welchen; dies begründet den Anschein, der Zustellungsempfänger sei nicht durch den allein hierfür zuständigen Vorsitzenden bestimmt, sondern durch die Geschäftsstelle (BGH NJW 2014, 1686; NStZ 2011, 591).
Rdn 1871
Besteht Unklarheit darüber, unter welcher von mehreren in der Akte aufgeführten Anschriften zuzustellen ist, muss die Anordnung auch enthalten, an welche Zustellungsanschrift (ggf. an mehrere) zuzustellen ist.
Siehe auch: → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Allgemeines, Teil A Rdn 1292, m.w.N; → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Allgemeines, Teil A Rdn 1840, m.w.N.