Dr. Holger Niehaus, Dr. Peter Kotz
Das Wichtigste in Kürze:
1. |
Auslandszustellungen (§ 183 ZPO) haben in der Praxis vor allem Bedeutung im Zusammenhang mit der Ladung zu gerichtlichen Terminen. |
2. |
Nach Nr. 115 Abs. 3 RiVASt kommt eine Zustellung durch unmittelbare Übersendung von Schriftstücken ins Ausland auf dem Postweg nur in Betracht, soweit völkerrechtliche Übereinkünfte (z.B. Art. 5 EU-RhÜbk 2000) dies zulassen oder der Aufenthaltsstaat diese Möglichkeit einseitig eingeräumt hat. |
3. |
Bei anderen Vertragsstaaten des EuRhÜbk ist die Ladung nach Art. 7 EuRhÜbk zuzustellen. |
4. |
Deutschen Staatsangehörigen kann – nachrangig – im Ausland unter Einschaltung der Auslandsvertretung zugestellt werden. |
Rdn 1873
Literaturhinweise:
s. die Hinw. bei → Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Zustellung, Allgemeines, Teil A Rdn 1850.
Rdn 1874
1. Auslandszustellungen (§ 37 Abs. 1 i.V.m. § 183 ZPO) haben in der Praxis vor allem Bedeutung im Zusammenhang mit der Ladung zu gerichtlichen Terminen (→ Rechtsmittel/Rechtsbehelfe, Ladung, Auslandsladung, Teil A Rdn 1604 ff.). Aus § 183 ZPO ergibt sich ein Rangverhältnis für die Zustellung. Mangels unmittelbar anwendbarer Regelungen der EU im strafrechtlichen Bereich gelten vorrangig völkerrechtliche Vereinbarungen zur Zustellung (§ 183 Abs. 2 S. 1 ZPO). Fehlen solche Vereinbarungen mit dem Zielland (vertragloser Rechtshilfeverkehr) gilt § 183 Abs. 3 ZPO. Zusammengefasst bedeutet das: Sofern die Zustellung nicht in Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-RhÜbk), der Unterzeichnerstaaten des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) oder des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen (EuRhÜbk) erfolgt, wird nach dem jeweils (ggf. bilateralen) Rechtshilferecht zugestellt, das im Auslandsteil der RiVASt (https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_01012017_IIB6935088.htm) näher dargestellt ist.
Rdn 1875
2.a) Für Länder, mit denen völkerrechtliche Vereinbarungen zur Zustellung bestehen, gelten diese Regelungen. Soweit danach Schriftstücke unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen, kann die Zustellung vereinfacht durch Einschreiben mit Rückschein (internationaler Rückschein) oder mittels gleichwertigen Nachweises erfolgen; andernfalls soll die Zustellung auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts unmittelbar durch die Behörden des ausländischen Staates erfolgen (§ 183 Abs. 2 S. 2 ZPO; hierzu Nr. 115 RiVASt). An Vertragsparteien des SDÜ bzw. Vertragsländer des EU-RhÜbK können gem. Art. 52 Abs. 1 SDÜ und Art. 5 Abs. 1 EU-RhÜbK gerichtliche Urkunden unmittelbar per Post zugestellt werden (Liste der Urkunden bei Schomburg/Lagodny/Gleß, Art. 52 SDÜ Rn 2).
Rdn 1876
Unabhängig von der Nationalität des Zustellungsadressaten ist diese Art der Zustellung möglich bei den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Art. 5 EU-RhÜbk) und in Schengen-Staaten, die nicht Mitgliedstaaten der EU sind, bzw. in denen das EU-RhÜbk noch nicht in Kraft gesetzt ist (Art. 52 SDÜ). Eine Liste der derzeit in Betracht kommenden Staaten findet sich bei Schomburg/Lagodny/Gleß/Hackner, III B 1 Rn 3 ff.
Rdn 1877
b) Der Nachweis der vereinfachten Zustellung nach § 183 Abs. 2 S. 2 ZPO wird durch den Rückschein bzw. einen gleichwertigen Nachweis geführt (§ 183 Abs. 5 S. 1 ZPO). Auf dem Rückschein muss vermerkt sein, wann und an wen die Sendung ausgehändigt wurde (OLG Köln NStZ 2000, 666; OLG Oldenburg StV 2005, 432). Die Zustellung wird nur wirksam, wenn der unterschriebene Rückschein zu den Gerichtsakten gelangt. Im Übrigen wird die Zustellung durch Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen (§ 183 Abs. 5 S. 2 ZPO; § 16 S. 2 KonsG).
☆ Eine Zustellung durch Niederlegung ist nicht zulässig (OLG Oldenburg StV 2005, 432; LG Nürnberg-Fürth StraFo 2009, 381).Niederlegung ist nicht zulässig (OLG Oldenburg StV 2005, 432; LG Nürnberg-Fürth StraFo 2009, 381).
Rdn 1878
3. Bei anderen Vertragsstaaten des EuRhÜbk (Übersicht: https://www.coe.int/de/web/conventions/full-list?module=signatures-by-treaty&treatynum=030 ist die Ladung nach Art. 7 EuRhÜbk zuzustellen (Zustellung durch Empfangsbekenntnis oder beurkundeter Übergabe). Hierzu ist der ausländische Staat im Rechtshilfeweg zu ersuchen. Die Zustellung erfolgt durch Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger (Art. 7 Abs. 1 S. 2 EuRhÜbk), auf ausdrücklichen Wunsch des ersuchenden Staates wird eine förmliche Zustellung nach der lex fori bewirkt (Art. 7 Abs. 1 S. 3 EuRhÜbk). Nachgewiesen wird die Zustellung durch ein datiertes und vom Empfänger unterschriebenes Empfangsbekenntnis oder eine Erklärung des ersuchten Staates über die Tatsache, die Form und das Datum der Zustellung (Art. 7 Abs. 2 EuRhÜbk).
☆ Allein die Rücksendung der Zustellungsurkunde des Zustellungsorgans, ohne Erklärung darüber, dass und wie die Zustellung erfolgt ist, genügt nicht (BayObLG StV 1981, 224).Rücksendung der Zustellungsurkunde des Zustellungsorgans, ohne Erklärung darüber, dass und wie die Zustellung erfolgt ist, genügt nicht (BayObLG StV 1981, 224).
Rdn 1879
4. Im vertraglosen Rechtshilfe...